Ein Western mit Natalie Portman sollte eigentlich meinen Bauch wärmen, mein Herz beflügeln, mein Gehirn stimulieren. Es kam ein bisschen anders, eigentlich ziemlich anders, ganz doll sogar, weil, ok, ich will mich nicht beschweren, aber Jane Got a Gun irrt mit einem derart lügenden Titel und Trailer durch die Welt, dass die innerlich mühsam zurückgehaltene Vorfreude plötzlich bämpengboomt, aber nicht, weil sich die Erwartungen erfüllen – es ist schlicht ein kleines Desaster, und innerlich berstet die Spannung, bis ein Äderchen platzt oder zwei.
Durchtriebene, ja fast schon anmutige Western kamen in den vergangenen Jahren auf den Markt, vom brillanten Slow West bis zu Mads Mikkelsen, der in The Salvation fulminant Ärsche tritt, dann jubiliere ich dank Kurt Russell und Patrick Wilson in Bone Tomahawk, über Tarantinos Django Unchained und The Hateful 8 redete ohnehin jeder, Das Finstere Tal begeistert zumindest ein klitzekleines Publikum, Tommy Lee Jones’ intensives Genrewerk The Homesman kennt ebenfalls niemand, vom schweißtreibendem Meek’s Cutoff der wundervollen Regisseurin Kelly Reichardt brauchen wir gar nicht erst anzufangen. Kurz: Ein bisschen ist ja was da an Nettigkeiten, an Schönem und manchmal sogar Aufregendem im Westerngenre.
Dass ausgerechnet die Produktion mit Natalie Portman, Ewan McGregor, Noah Emmerich und Joel Edgerton in ein eher banales Rache-und-dann-kommt-die-Liebe-Gewässer abdriftet, um selbst dort noch jämmerlich zu ertrinken, das ist, sagen wir es doch so: es ist gleichsam traurig wie überraschend. Wer auf die schwierige Vorgeschichte blickt, die dieser Film mit sich bringt, von einer nicht auftauchenden Regisseurin bis fast unzählig neu verpflichteten Schauspielern wie Bradley Cooper oder Michael Fassbender (die dann doch nicht wollten), der dürfte eventuell sachlicher, gar emotionslos an die Sache herangehen.
Wer allerdings, wie der Name vermuten lässt, ein reißerisches Geballere und Gefleddere erwartet, kommt immerhin im zumindest wundervoll gefilmten Finale auf seine Kosten, was allerdings viel zu wenig ist für derlei Ansprüche an einen Film, in dem geballert, gefleddert werden soll. Schwachbrüstige Rückblenden sollen der titelgebenden Jane Hammond eine Art Motivation geben, damit sie den anrückenden Angriff einer Bande auf ihr Haus mit manneskräftiger Unterstützung überzeugend aufhalten kann.
Nach der großen Keilerei am Ende erklärt sich jeder Beteiligte unter vorgehaltener Waffe, was überdeutlich die Drehbuchschwächen aufdeckt. Jeder darf nochmal, nein, jeder muss nochmal genau erzählen, wie, warum und hassenichgesehen. Wie altbacken Jane Got a Gun tatsächlich ist, schreit das Frauenbild überdeutlich hinaus: Jane ist abhängig von ihrem Mann, ihrem Ex, ihrem Peiniger; wenn sie erlöst wird oder zumindest gerettet, dann weiß man bereits am Anfang, dass ein Mann neben ihr steht.
Dass ausgerechnet dann dieser Film dazu verleitet, folgenden Satz zu sagen: “Oh Gott, nicht schon wieder Ewan McGregor!”, lässt mich wüten. Regisseur Gavin O’Connor, inszenatorisch ohnehin nicht besonders begabt, wie seine Filme Das Gesetz der Ehre oder Warrior zeigen, verheizt hier seine Schauspieler am Anfang, im Mittelteil, am Ende, nur um zwischendurch Minuten der Ohjasehrschön-Rufe heraufzubeschwören mit sattem Lichtgefälle und einem cleveren Schnitt.
Allein: Es hilft nichts. Woraus ein feministischer oder zumindest knochenbrechender Western hätte werden können, ist oft biederes, manchmal nett anzuschauendes Genrefutter geworden, das vermutlich mit der Produktionsgeschichte besser unterhalten kann als mit dem fertigen Film.
Auch eine Leistung. Irgendwie.
Jane Got a Gun, US 2016 // Regie: Gavin O’Connor // Drehbuch: Joel Edgerton, Brian Duffield, Anthony Tambakis // Darsteller: Natalie Portman, Ewan McGregor, Joel Edgerton, Noah Emmerich, Boyd Holbrook, Alex Manette // Kamera: Mandy Walker // Musik: Lisa Gerrard und Marcello De Francisci // FSK 12 // Laufzeit: 98 Minuten