Spiel

Diablo 3, bisschen Gras und sonst war alles stabil

Der Artikel erschien zuerst bei Polyneux, weil Polyneux geil ist.


Als ich meinen Bruder um Geld bat, um die Umbuchungsgebühr für meinen verpassten Flug zu bezahlen, wusste ich, dass ich nie wieder einen Joint rauchen würde, wenn ich Diablo 1 spiele. Ich vertrage kein Gras, puh, denke ich mir da immer, wozu müde werden, wenn ich es doch eh immer bin. An jenem Abend aber, zusammen mit meinem Arbeitskollegen, spielten wir Diablo auf der PlayStation, tranken Alkohol und rauchten Gras, und am nächsten Morgen verpasste ich meinen Flug nach Hamburg, weil die Zeit keine Rolle spielte in dem Spiel namens Abfuck, was heißt: unkontrolliertes Lachen, wenn jemandes Charakter aus der Spielmitte lief und verschwunden war.

(Der Flug war übrigens beruflicher Natur, und als Spieleredakteur heißt das, genau: wider die Natur.)

Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es Gras war. War es Gras? War es Nas, der Rapper? Ist es nicht egal? Ja, schon. Einem Zustand war ich nahe, der mir beim Verfassungsschutz eine Akte als „linker Gefährder“ eingebracht hätte. So ein bisschen verhält sich das auch mit Diablo 3: Es ist egal. Alles. Du gehst da hin, zwirbelst und kawummst und kackst in jede Ecke, aber nichts bleibt. Gegenstände, ja, Äxte, Hosen, Ketten, Hämmer, aber das ist nichts, was ich nicht auch bei Obi finde – was bleibt? Leere.

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Das beste unnötigste Spiel aller Zeiten ist nicht Diablo 2, sondern: Diablo 3. Ich habe es 200 Stunden gespielt, und es interessiert mich einen geilen Dreck. In Ausnahmesituationen verdient es Applaus. Danach nicht mehr, danach ist es nur so ein kalkuliertes Hochglanzprodukt für Arschloch-Gamer. Was ist Diablo 3 überhaupt, was ist es genau? Ich weiß nichts mehr, keinen einzigen Namen von Städten, Charakteren, Waffen oder Gegnern, aber ich weiß, dass es ein Spiel des Rausches ist, und das kann viel sein, wenn man den Rausch liebt. Nach einer Trennung zum Beispiel liebte ich zwar nichts mehr, begann aber mit Diablo 3; ich verfiel diesem planbaren Exzess aller perfektionierten Suchtmechaniken. Warm wurde mir nicht ums Herz, es rettete auch nicht mein verko(r)kstes Leben, es lenkte mich nur ab. Das war alles. Ablenkung, dann Perfektion, mit der einen Klasse da, die das Maschinengewehr ins Mittelalter-Fantasy holt. Rattatatatata-Ratatouille mit Pfeilen, ihr Ficker-Dämonen.

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Jede detailliertere Beschreibung schlägt fehl. Obwohl ich erst kürzlich auf der Nintendo Switch 15 Stunden ein Spiel namens, Moment, wo ist jetzt die Verpackung, ah ja, stimmt, ein Spiel namens Diablo 3 spielte. Nur befinde ich mich derzeit in keinem Rauschzustand, ich bin bei Sinnen, manchmal auch von Sinnen, weiß aber immer, wo ich sie gelassen habe. Das kann ich von meinem Charakter in diesem teuflischen Rollenspiel nicht sagen, sodass einem Tag Pause ein Tutorial auf Youtube folgt. Ah, da muss ich hin, so maschinengewehre ich meinen Stab oder meine Armbrust, danke, Diggi, so heißt der doch, oder? Ach, Detlef Coin wars, nah dran.

Bestimmt ist Diablo 3 ein hervorragendes Spiel, das kann ich bei so einer unnatürlichen Spielzeit nicht leugnen. Wann immer ich es ausprobierte und einfach spielen wollte, im Sinne von: Spaß, brach ich es jedoch rasch wieder ab. Es fehlte etwas. Rausch bedingt den Rausch. Erst durch einen irgendwie gearteten labilen Zustand komme ich in die Nähe der zu perfekten Diablo-Reihe. Bin ich betrunken, kugele ich mich vor Lachen, sollte Diablo 1 in all seiner Hässlichkeit beginnen. Erleide ich einen Verlust, dränge ich all die Trauer in die eine Klasse da, die Dingsklasse im dritten Diablo-Teil.

Über all die Jahre haftete der Diablo-Serie aber auch der elitäre Ton versnobter Arschloch-Gamer an, die ihr Wissen um die dreihundertsieben Rüstungssets in einem Reddit-Unterforum zum Grundgesetz ihrer gekräuselten Barthaare erheben. Ab und zu shitstormen sie jenen Menschen die Seele aus dem Leib, die ein Handyspiel von Diablo ankündigen, und dann geht da einer dieser schlecht erzogenen Sittiche auf die Bühne und fragt die Entwickler, ob das ein Aprilscherz sei. Bruder, denke ich, ganz kuschelig gemeint: halt dein Maul.

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Wer kann am wenigsten dafür? Meine persönliche Stil-Ikone Jesus, wie immer, und Blizzard, vor allem Blizzard, klar. Es schwächt die Qualität von Diablo nicht, wenn da jemand Kram kreischt, ich kann auch gut Kram kreischen, zum Beispiel so: Life is Strange ist ein hochnotpeinlicher Film und ein katastrophales Videospiel – dadurch ändere ich aber nichts an der oft geäußerten Liebe für jenes „Meisterwerk“, das besonders oft von Menschen gemocht wird, bei denen in der Twitter-Beschreibung steht: „student – blogger – podcaster“.

Eine Spielspaßwertung ist also nicht möglich. Aber eine Rauschtendenz: Halte die Luft für vier Minuten an und denke dabei an Boris Palmer. Vibriert nun dein Controller oder deine Switch oder dein Geschlechtsteil, ist Diablo 3 dein Spiel.

Vibriert nichts, platzen die Fesseln des Rausches. Nie wieder Exzess, nie wieder Party.

Stattdessen ein Reihenhaus mit Polizisten als Nachbarn. Brutal gut.

1 Kommentar

  1. Auweia ! Was soll das bitte sein ? Der merkwüdigste Test aller Zeiten ? Eine krude Mischung aus Selbstanalyse, sinnfreiem Drogengelabber und mehr oder weniger zusammenhanglosem blabla.

    Das exakte Gegenteil zu den hervorragenden Texten über die Gamestar und die GTA 6 Berichterstattung.

    Verschwendete Lebenszeit, zumal Diablo 3 eines der langweiligsten und glattesten Spiele ist, die ich je gespielt habe.

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