In einer aktuellen News greift Playcentral ein äußert viral gegangenes Thema auf: das Baby-Yoda genannte Kind aus der Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ und das dazugehörige, nicht verfügbare Merchandise.
Die Grundaussage in dieser News ist mindestens falsch. Denn die Redaktion von Playcentral will einen Faktor bewusst in den Vordergrund rücken: Angeblich habe Disney den Hype um Baby-Yoda verschlafen und somit knapp drei Millionen Dollar an Einnahmen verpasst. Bereits in der Einleitung fragt Playcentral:
„Hat der Konzern den Hype um das süße Wesen nicht vorhergesehen?“
Die Frage beantwortet die Redaktion im nächsten Absatz direkt selbst:
„Das kleine Wesen Baby Yoda aus der neuen „Star Wars“-Serie „The Mandalorian“ eroberte die Herzen der Fans im Sturm und ist schon jetzt aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken. Um so mehr überrascht die Tatsache, dass Disney von diesem gigantischen Hype völlig überrascht wurde.“
Und weiter heißt es:
„Während Fans derzeit mit Memes, eigenen Kurzfilmen und Songs ihre Kreativität eindrucksvoll unter Beweis stellen, dürften in der Merchandise-Abteilung beim Micky Maus-Konzern die Köpfe rauchen. Denn offensichtlich hat Disney die große Nachfrage an alles, was es rund um Baby Yoda geben könnte, schlichtweg verschlafen.“
Das ist schlichtweg falsch.
Kreativer Kopf der Mandalorian-Serie, Jon Favreau, bat Disney im Vorfeld nämlich darum, Lizenzen für Merchandise unter Verschluss zu halten. Warum? Damit kein Leak die Existenz von Baby-Yoda vorweg nehmen konnte. In der Herstellung von Merchandise, wie etwa Actionfiguren, T-Shirts oder Plüschtiere, wandern Konzeptzeichnungen und Bilder durch Unmengen von Händen; eine Anzahl von Menschen also, die ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr unter Kontrolle gehalten werden kann. Die Folge: Leaks. Genau das wollte Favreau vermeiden, und Disney stimmte dem zu, zumindest was Baby-Yoda angeht (vereinzelte Actionfiguren, etwa vom Mandalorian selbst, waren vorab bereits verfügbar).
Entgegen der von Playcentral mehrfach behaupteten Schläfrigkeit von Disney hat der Mangel an Merchandise also einen ganz banalen Grund: es wurde schlicht kaum etwas produziert. Keine Firma, kein Lizenznehmer bekam im Vorfeld Material zu Baby-Yoda – wissentlich, dass in der Vorweihnachtszeit die Nachfrage nicht bedient werden kann. Doch der Überraschungseffekt war für Disney in diesem Fall wichtiger.
Zumal die Behauptung, Disney habe den Hype nicht vorausgesehen, vorsichtig formuliert: ganz großer Quatsch ist. Gerade Disney als Star-Wars-Besitzer verschleudert die Lizenzen für Merchandise-Produktion mittlerweile für jedes Quatschprodukt. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Beispiele gefällig? Koffer im Design der Kylo-Ren-Maske, Angel-Zubehör, Taschentücher, Darth-Vader-Duschkopf, eine Ukulele, Essstäbchen. Kaum eine Marke ist so erfolgreich im Merchandise-Geschäft wie Star Wars.
Diesmal jedoch verzichtete Disney (vorerst) bewusst auf diese Einnahmequelle, weil bereits im Vorfeld klar war, wie weitreichend und überraschend die Enthüllung von Baby-Yoda in der Serie sein wird – und ein Lizenznehmer dies hätte vorweg nehmen können. Tatsächlich geschah dies in den vergangenen Jahren häufiger bei Actionfiguren von Hasbro, die teilweise Wochen vor Bekanntgabe der Produkte bereits mit Bildern geleakt wurden.
Deswegen hat die Playcentral-Redaktion zum Teil recht, wenn sie über einen potenziellen und nur sehr vagen „Verlust“ schreibt:
„Analysten gehen davon aus, dass Disney mehrere Millionen Dollar allein fürs Weihnachtsgeschäft verliert, da sie entsprechendes Merchandise nicht rechtzeitig liefern können.“
Doch auch hier redet die Redaktion Quatsch: Es war nie geplant, entsprechendes Merchandise im Weihnachtsgeschäft liefern zu können, da die meisten Produkte ohnehin von Lizenznehmern kommen und diese erst jetzt planen und produzieren können. Bestes Beispiel: Die Vintage- und Black-Series-Actionfiguren von der Firma Hasbro kommen erst im nächsten Jahr, weil es in so kurzer Zeit nicht möglich war, entsprechende Baby-Yoda-Figuren zu produzieren. Auch Plüschtiere sind bereits angekündigt, aber eben für Anfang/Frühling 2020.
Zumal Disney im hauseigenen Store eben doch schon Merch anbietet, nur eben nichts besonders Aufwendiges. Man war also darauf vorbereitet, die Produktion für hochwertigere Produkte überlässt man aber anderen Unternehmen.
Das vollkommen Quatschigste an der News ist aber folgendes: All das weiß Playcentral. Sie schreiben genau das. Sie erwähnen sogar den Grund für den Mangel an Merchandise:
„Im November lobte Serien-Macher Jon Favreau noch das Studio, dass man Baby Yoda-Mech zurückgehalten habe, um nicht vorab schon mögliche Spoiler zur neuen TV-Serie „The Mandalorian“ zu verraten.“
Da steht es schwarz auf weiß: Disney hat den Hype nicht verschlafen oder ist davon überrascht worden, nein, es war alles so geplant. Warum die Redaktion das dennoch mehrfach so schreibt, wird nicht klar. Schließlich ist es doch logisch, dass Hersteller von Baby-Yoda-Produkten, die erst Ende November, Anfang Dezember benötigtes Bildmaterial zur Herstellung bekamen, nicht mehr in diesem Jahr liefern können.
Übrigens: Disney hat sich zum Thema Merch auf der offiziellen Seite so geäußert:
„“It was important to us that the reveal of the new character, the Child, be a special moment for fans, and we could not be more thrilled with the response,” said Paul Southern, SVP, Licensing and Franchise, Lucasfilm. “Today, we’re excited to release new products for pre-order on shopDisney.com, and are continuing to work closely with our licensees and retailers to roll out additional items including toys, collectibles, plush, games, apparel and more, allowing fans to celebrate the newest addition to Star Wars.““
Hauptsache, eines der meist diskutierten Themen im Internet findet auf Playcentral statt. Und, beim heiligen Baby-Yoda, das tut es, egal wie banal es auch sein mag:
Dass Playcentral gerne mal Fakes verbreitet und zu Boulevard-Schlagzeilen neigt, ist nun allerdings nichts Neues.