Was reimt sich auf Ministerien-Mandarine? Exakt. Noch nie in den vergangenen drei Jahren habe ich euch, liebe Leserinnen und Leser, einen Einblick hinter die Kulissen jener Seite gegeben, die sich auf vielsilbrige Fantasiewörter reimt. Das möchte ich heute ändern – und mich herzlich bedanken.
2020 wird als das Jahr in Erinnerung bleiben, das die Jahresrückblicke mit „endlich ist die Scheiße vorbei“-Ausrufen in die Knie zwingt. Vergessen sollte man 2020 aber nicht, zumindest im Hinblick auf die Spielebranche. Es war das Jahr, in dem zahlreiche Mitarbeiterinnen von Ubisoft widerliche Arbeitsbedingungen offenlegten, über Belästigungen, Übergriffe und Sexismus sprachen; 2020 sorgte ebenfalls für eine andauernde Debatte um Marketingversprechen, Erwartungen und, ja doch: Crunch, wie im Fall von CD Projekt und Cyberpunk 2077.
Mein Projekt Medienbiene möchte ich dahingehend wie folgt beschreiben: Nicht die jeweiligen Themen (Crunch, Marketing, etc) markieren den Schwerpunkt der Texte, sondern die Rolle der Spielemagazine, bezogen auf Art, Häufigkeit und Stärke der Berichterstattung. Hintergründe liefere ich natürlich trotzdem – was bedeutet Crunch, wie ist die Gesetzeslage von Online-Glücksspiel -, die Recherchen dazu lieferten jedoch bereits andere.
Nach dem Lesen meiner Texten liegt der Erkenntnisgewinn woanders. Manchmal lästere ich über windige Headlines, doch danach folgen tausende Wörter über die Stillosigkeit der Redaktionen, die über vermeintlich tiefsinnige Spiele nur hochnotpeinliche Phrasen dreschen. Ab und zu drifte ich durch die heiligen Hallen der journalistischen Grundsätze und prangere die fehlende Trennung von Redaktion und Werbung an. Hier geht’s also um Journalismus, oft nur im weitesten, ok, bin da ehrlich, eher ausgeleierten Sinne, an einer ernsthaften, differenzierten Auseinandersetzung um das Cyberpunk-Debakel hab‘ ich aber auch mal übelst Bock. Ein medienkritisches Potpourri, manchmal flapsig, aber immer aufrichtig.
Ein paar Fakten
Genaue Zahlen verrate ich nicht. Was ich aber sagen kann: Seit Beginn der Seite stieg die Zahl der Leserinnen und Leser in jedem Jahr, ebenso die Gesamtzahl an Klicks.

Zur Einordnung: Mehrere tausend Leserinnen und Leser besuchten dieses Jahr meine Seite. Dabei entstanden 2020 weit mehr als 10.000 Klicks. Wow! Das übertrifft den Wert aus dem vorherigen Jahr um ein gehöriges Stück. Ein bisschen stolz macht mich das schon. Ich danke dir, dir, dir, dir und dir, dir auch, klar, du dahinten, jedem Leser, jeder Leserin gebührt mein Dank.
Zeitgleich weiß ich natürlich auch: eine schlecht geklickte News der GameStar generiert innerhalb von 24 Stunden mehr als meine Seite in 12 Monaten. Das kann ich nicht leugnen. Ein Interesse an medienkritischen Inhalten für den Spielejournalismus lässt sich aber ebenso nicht leugnen, und ich bin froh, einen (kleinen) Teil beizutragen.
Insgesamt 73 Kommentare habt ihr und ich im Jahr 2020 unter meinen Texten veröffentlicht, demnach hat sich die Zahl beinahe verdreifacht. Obwohl ich mich über positives Feedback mehr freue als über Kritik, so muss ich dennoch betonen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Kommentare aus Feedback bestand, entweder an meinen Text gerichtet oder an das jeweilige Thema. Beides ist willkommen, gerne gesehen und wird meist auch von mir beantwortet.
Insgesamt habe ich 28 Beiträge im Jahr 2020 veröffentlicht. 2019 lag die Zahl tatsächlich höher, nämlich bei 34. Umso schöner, dass ich zwar etwas weniger Texte veröffentlicht habe, die Klickzahlen aber stark gestiegen sind. Fügt hier ein Herzchen-Smiley ein.
Die beliebtesten Artikel
Platz 1: The Last of Us 2 und die Spielepresse: Mit der Achterbahn in die Magengrube
Der erfolgreichste Text ist zeitgleich auch derjenige, der am meisten Arbeit gebraucht hat. Noch vor Release des eigentlichen Spiels habe ich dutzende Artikel gelesen, analysiert, zerlegt, verglichen. Hat Spaß gemacht, da nicht nur die natürlich subjektive Stilkritik den Text definiert, sondern auch die Probleme mit dem zweifelhaften Embargo, dem die Presse zugestimmt hat, ein wesentlicher Punkt meiner Kritik ist.
Platz 2: Wie ein ehemaliger PR-Manager von Rockstar ein Rockstar-Spiel lobt – als GameStar-Redakteur
Bereits der Titel sagt alles: PR-Manager schreibt Lobeshymne über ein Spiel seines ehemaligen Arbeitgebers.
Platz 3: Kein Krieg für Frauen: Die Unfähigkeit, Kontext herzustellen – Teil 32
Ein Spielestudio äußert sich klar sexistisch. Keine Redaktion ist in der Lage, einen Kontext zu früheren Aussagen herzustellen.
Platz 4: Erst Meisterwerk, dann Kaufwarnung: Das Chaos um Cyberpunk 2077
Erst vor wenigen Tagen veröffentlicht und doch extrem erfolgreich, das freut mich sehr! Es gibt noch immer einiges aufzuarbeiten.
Platz 5: „Luxus in der Krise“: Wie 4Players am Coronavirus scheitert
Wie klingt es, wenn ein Chefredakteur eines bekannten Spielemagazins eine Kolumne über das Coronavirus schreibt? Privilegiert as fuck. Ein Tiefpunkt des Spielejournalismus‘, anders kann ich das nicht beschreiben.
Für folgende Artikel wünsche ich mir noch mehr Aufmerksamkeit, da sie eine gewisse Zeitlosigkeit besitzen:
Wie GameStar gefährliche Arbeitsbedingungen ignoriert
Für mich persönlich ist Crunch ein wichtiges Thema und das wird es auch 2021 sein. Es ist wichtig zu wissen, wie die Spielepresse über problematische Arbeitsbedingungen spricht.
Die Shitshow namens GTA 6
Kaum ein Text hat mehr Recherche benötigt. Dutzende Stunden, ehrlich, habe ich über mehrere Magazine hinweg hunderte News und Artikel gelesen. Eine so umfassende Analyse der Berichte über ein einzelnes Spiel gibt’s nicht so oft; das soll weniger Selbstlob sein als vielmehr der Wunsch, dass sich der Text noch weiter verbreitet und die Mechaniken der Magazine aufzeigt.
Ingame.de: Von C wie Casino bis C wie Clickbait
Ja, Ingame ist vielleicht nicht das größte deutschsprachige Spielemagazin. Doch wenn eine Redaktion, wie klein oder groß sie auch immer sein mag, Jugendliche zu Glücksspiel verleiten will, läuft einiges – freundlich ausgedrückt – verfickt schief.
Werbung bei PC Games: Ist das noch Journalismus oder kann das weg?
Der Herr der Sales-Abteilung: (K)Ein Epos in drei Akten
Beide Texte greifen ein besonders wichtiges Thema auf: die Trennung von Redaktion und Anzeigenabteilung. Offenbar ist diese Trennung bei PC Games nicht mehr gegeben. Das ist nicht nur unseriös, sondern auch gefährlich für die Glaubwürdigkeit von Spielejournalismus. Obwohl ich andere Texte mehr mag, so wünsche ich mir, dass diese beiden Artikel tausend mal mehr gelesen werden.
Wie ihr mich unterstützen könnt
Nur um das einmal zu erklären: Meine Recherchen sind nicht besonders komplex. Google muss ich bedienen können und die Suchfunktionen der jeweiligen Magazine. Ich muss nicht mit dutzenden anonymen Quellen sprechen, hunderte Dokumente untersuchen oder unzählige Statements erfragen. Investigative Recherchen gibt’s woanders, bei denen nämlich, die es können.
Und doch investiere ich viel Zeit in die Medienbiene. Also, echt einen arschvoll Zeit. Sie mögen zwar nicht kompliziert sein, aber meine Recherchen sind zeitaufwendig, da ich dutzende Artikel mit je tausenden Wörtern lesen muss, dazu manchmal 50, 60 News, vier Videos und zwei Podcasts begutachte – etwa, wenn ich die Berichterstattung zu jeweiligen Themen (Crunch) oder Spielen (Cyberpunk 2077) oder von einzelnen Magazinen (Ingame) darstellen möchte. Das kann ich nur, wenn ich möglichst jeden dazu passenden Inhalt auswendig kenne.
All das, das Lesen, das Suchen, das Schreiben, das Korrigieren, mache ich in meiner Freizeit. Und ich liebe es! Echt, richtig doll sogar. Aber manchmal kann ich nicht alles überblicken. Daher bitte ich euch, liebe Leserinnen und Leser, falls ihr auf problematische Texte, fehlerhafte News oder lächerliche Kolumnen trefft, schickt sie mir:
medienbiene@yahoo.com
Feedback ist natürlich auch willkommen.
Viele Hobby-Projekte können mittlerweile durch Crowdfunding-Portale wie Steady oder Patreon eine bequeme Möglichkeit anbieten, die Menschen dahinter zu unterstützen. Aus vielen Gründen biete ich das nicht an, freue mich aber für alle, die durch ein Hobby ein bisschen was dazuverdienen können oder gar das Hobby zum Beruf machen konnten.
Falls ihr mich dennoch unterstützen wollt, habe ich eine Amazon-Wishlist erstellt. Da sind keine Dinge drauf, die ich unbedingt nötig habe, aber dafür viel Wohlfühlkrams, Bücher, Comics, Filme, so Sachen halt.
Hier geht’s zur Amazon-Wunschliste.
2020 war tough, ich weiß. Nicht nur für Körper und Geist, auch finanziell wurde es bei vielen sicherlich mehr als eng. Ich sag’s ganz direkt: Über ein Buch oder einen Comic würde ich mich übertrieben freuen, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen wie doll, aber nichts davon wird meine Arbeit an der Medienbiene beeinflussen. Jeder Klick, jeder Kommentar, jeder Retweet bedeutet mir mehr.
Und genau das hat stets für den „Erfolg“ (kann man das so sagen?) gesorgt: Eure Retweets, eure Empfehlungen, eure Hinweise auf meine Texte helfen mir sehr. In den vergangenen 12 Monaten habt ihr genau das sehr oft getan.
Vielen, vielen Dank, liebe Leserinnen und Leser. Das bedeutet mir viel.
Falls ihr eigentlich so gar kein Bock auf mich oder meine Seite habt, unterstützt doch andere tolle Projekte, die sich mit Games befassen. Es gibt mehr als genug Auswahl. Die hier zum Beispiel:
- GAIN-Magazin
- Polyneux
- Keinen Pixel den Faschisten
- Grenzgamer
- Let’s Play History
- Superlevel
- Language at Play
- Spielkritik
- Akimbo
- Horror – Game – Politics
- Polygamia
- Behind the Screens
- Pixeldiskurs
Bleibt gesund.