Medienkritik

GameStars Youtube-Kanal: Der Kodex ist gescheitert

Eines muss man der GameStar-Chefredaktion lassen: In der Außendarstellung macht ihr keiner etwas vor. Doch mit den vielen journalistischen Versprechen, den Kolumnen und Videos zum eigenen Qualitätsanspruch geht eines einher: Verantwortung dafür, dass die tägliche Arbeit der Journalistinnen und Journalisten die Richtlinien erfüllt. Welches Ziel hat ein Kodex, wenn er nicht in Gänze eingehalten wird? Richtig: reine PR.

Nach meinem Text über die Trennung von Anzeigenabteilung und Redaktion, der zum Teil auf einer Diskussion im GameStar-Forum basiert, hat der Chefredakteur der GameStar erneut Stellung bezogen, obwohl der Ausgangsthread tatsächlich vom ehrenamtlichen, unbezahlten Moderationsteam geschlossen und die über eine Woche alten Beiträge ignoriert wurden und erst ein weiterer Thread eröffnet werden musste, damit eine Reaktion kommt. Oder um es mit den Worten des Chefredakteurs zu beschreiben:

„Davon unabhängig gibt es vermutlich keine Redaktion unserer Größenordnung im deutschsprachigen Raum, die derart regelmäßig und proaktiv in Foren und Kommentaren kommuniziert.“

(Quelle)

Sicherlich stimmt das. Manchmal. Doch es gibt ebenfalls keine deutschsprachige Redaktion in der Größenordnung der GameStar, die immer wieder mucksmäuschenstill jede Kommunikation verweigert, etwa wenn heikle Themen wie Hate-Speech innerhalb der eigenen Community, nachweisbar falsche Headlines oder das Klauen von Inhalten angesprochen werden, aber viel wichtiger sind seine neuerlichen Aussagen zum Thema Werbung und Redaktion.

Und die klären leider nichts auf. Im Gegenteil.


Aussage 1: Youtube und Livestream sind autarke Teams

Im neuerlichen Statement präzisiert der Chefredakteur seine Aussage zum Thema „Redakteur X sei nicht Teil der Redaktion“. So schreibt er:

„Was mit meiner Aussage „AK und Fritz seien nicht Teil des Redaktionsteams“ gemeint war: Unser Streaming- und Youtube-Team arbeitet inzwischen größtenteils autark, auch Maurice arbeitet mittlerweile zu 95% in diesem Bereich.“

(Quelle)

Nur: Was soll das heißen? Auch hier lässt der Chefredakteur bewusst Spielraum für Interpretationen. Er klärt nicht auf, er präzisiert nicht, er definiert nicht. Denn wenn ein Team autark arbeitet, muss zeitgleich beantwortet werden, von wem oder was autark gearbeitet wird. Autark von der Redaktion? Ist das Youtube-Team folglich keine Redaktion? Wer leitet das Youtube-Team, wenn nicht der Chefredakteur? Oder bedeutet es, das Team arbeite autark von der Anzeigenabteilung? Wer organisiert dann die Werbeinhalte? Wer ist Ansprechpartner?

Und am wichtigsten: Verpflichtet sich das Youtube- und Livestream-Team dem Presse- und dem GameStar-Kodex?

Auffällig hierbei ist das Fehlen des Wortes „Redaktion“; stets ist die Rede vom „Youtube-Team“, vom „Livestream-Team“, aber nicht von einer Youtube- oder Livestream-Redaktion. In der „About“-Unterseite auf GameStar.de unterscheidet man ebenfalls zwischen „Redaktion GameStar“ auf der einen und „Video“ und „Livestream“ auf der anderen Seite. Wieso kann das Youtube- und Livestream-Team nicht Teil der GameStar-Redaktion sein, nur eben mit entsprechender Fachrichtung? Und warum wird das Youtube- und Livestream-Team in der Teamvorstellung im Kodex ausgespart? Im Kodex wird explizit auch der Youtube-Kanal als redaktionelles Format erwähnt, doch fast niemand aus diesem Team wird in der Vorstellung gezeigt – um sie aus dem Verantwortungsbereich des Kodex zu ziehen?

Selbst wenn das Youtube- und Livestream-Team autark vom Gamestar-Redaktionsteam arbeitet – wieso sind unzählige Inhalte von Personen, die dem Youtube- oder Livestream-Team angehören, auch regulär auf GameStar.de zu finden, obwohl die Inhalte dort von der „normalen“ Redaktion stammen? Zumal durchgehend Mitglieder der Redaktion bei Youtube auftreten und andersherum Youtube-Teammitglieder redaktionelle Texte oder News schreiben. Es besteht also noch immer eine Zusammenarbeit, die nicht näher erläutert wird.

Statt Transparenz zu schaffen, fehlt hier jeder Wille, die Positionen oder vermeintlichen Unabhängigkeiten zu erklären. Es bleibt weiterhin unklar, wer für wen arbeitet und welche Richtlinien damit einher gehen.

Aussage 2: Das Problem ist bekannt

Wie wenig Wille zur Aufklärung vorhanden ist, beweist der Chefredakteur mit folgendem Abschnitt:

„Natürlich sind eure Fragen trotzdem berechtigt, und wir sind ja nicht blöd, sondern uns dieses Spannungsfeldes durchaus bewusst. Und auch, dass es in der Außenwirkung nicht immer leicht zu verstehen ist.“

Obgleich der Chefredakteur ein „Spannungsfeld“ erwähnt und obwohl er zugibt, gewisse Teile des Kodex‘ seien „nicht immer leicht zu verstehen“, fehlt offenbar der Wille zur Nachbesserung. Stand jetzt, im Jahr 2021, drei Jahre nach Veröffentlichung, ist der GameStar-Kodex nicht mehr anwendbar, hinfällig – oder gar: falsch. Die Trennung von Anzeigenabteilung und Redaktion ist schlicht nicht mehr gewährleistet, siehe Punkt 9:

„Wir verpflichten uns auf allen Kanälen zu einer klaren Kennzeichnung von werblichen Inhalten. Diese müssen klar erkennbar durch die Begriffe »Anzeige« oder »Werbung« gekennzeichnet sein und werden ohne Mitwirkung der Redaktion erstellt.“

In mehreren Fällen haben Mitglieder der Redaktion nachweislich in Werbung mitgewirkt. Doch nachbessern möchte die Chefredaktion nicht. Zum Beispiel: an den Formulierungen feilen, sagen, wie es ist.

Ein Kodex, der der Transparenz dient und der Vertrauen schaffen soll, kann nur funktionieren, wenn er eine wie auch immer geartete Leitlinie enthält, an die sich eine Redaktion Tag für Tag hält. Andernfalls muss er als PR-Werkzeug und somit – als gescheitert betrachtet werden.

Aussage 3: Unabhängige Experten

Über Auftritte von Redakteur*innen in gesponserten Livestreams schreibt der Chefredakteur im neuen Statement folgendes:

„Es gibt Stand jetzt außerdem die Möglichkeit, dass Redakteurinnen und Redakteure in gesponserten Livestreams als unabhängige Expertinnen und Experten auftreten. Warum? Weil wir etwa auch einen E3-Stream als Werbung markieren müssen, falls es dort Product Placement gibt – was auch gut und richtig so ist.“

Hier schießt der Chefredakteur meilenwert an der eigentlichen Diskussion vorbei. Denn Product Placement war gar kein Thema. Ja, wenn Firmen wie Nvidia, NordVPN oder Asus in Livestreams oder Videos Produkte platzieren, muss dies gekennzeichnet werden, doch in diesen Streams und Videos sind die Unternehmen meist kein Thema – und somit ist zwar die Werbung nicht sofort unproblematisch, aber vom redaktionellen Teil getrennt.

Sprich: ein Preview-Video oder ein redaktioneller Livestream wird von Nvidia-Produkten gesponsert, aber es wird nicht im Video oder Livestream darüber berichtet und falls doch, dann in abgetrennten Segmenten. Das mag der Definition nach eine Dauerwerbesendung sein, funktioniert dennoch anders als gesponserte Livestreams, die nur und ausschließlich ein Spiel des Herstellers thematisieren, das vom Auftraggeber vorgegeben wird.

Auslöser der Diskussion waren solche Produktplatzierungen ohnehin nicht, sondern Dauerwerbesendungen, die die Spiele der jeweiligen Unternehmen durchgehend als Thema haben. In einem von Riot gesponserten Livestream wird eben nicht über die Spiele von Blizzard oder über Tetris gesprochen, sondern drei Stunden lang über das neue Riot-Spiel Valorant. Und das gleich in sechs (!) Livestreams in Mitwirkung einer Redakteurin. Diese riesengroße Unterscheidung spricht der Chefredakteur nicht nur nicht an, er schleudert zudem ein neues Thema in die Diskussion, um von anderen abzulenken.

Was der Chefredakteur hier erneut nicht erwähnt, sind die vielen Werbevideos, die mehrere Redakteure erstellt haben. Da geht’s weder um Produktplatzierung noch um Livestreams, sondern geradeheraus von der Redaktion produzierte Anzeigen.

Aussage 4: Die Redaktion sieht die Werbung zum gleichen Zeitpunkt wie die Community

Leider versucht der Chefredakteur erneut von der eigentlichen Debatte abzulenken, indem ein Thema angesprochen wird, dass gar kein Teil der Diskussion war.

„Es ist meine Verantwortung sicherzustellen, dass die Redaktion unabhängig von Werbebuchungen und zu 100% im Sinne unserer Leserinnen und Leser arbeiten kann. Und ich nehme diese Aufgabe sehr ernst. Die Redaktion sieht Werbung auf unserer Website genauso früh oder spät wie ihr.“

Das ist falsch.

Vielleicht meint der letzte Satz die Art von Werbung, die auf GameStar.de geschaltet wird, denn die wird in der Anzeigenabteilung gebucht, geplant und zu einem gewissen Zeitpunkt freigeschaltet. Dafür braucht es weder die Mitwirkung der Chefredaktion, noch von irgendwelchen Redaktionsmitgliedern. Doch solche Anzeige waren nicht der Kern der Diskussion, nicht mal annähernd.

Gesponserte Livestreams waren der Kerninhalt der Debatte, also Dauerwerbesendungen oder Werbevideos, die fast ausschließlich das Spiel als Thema haben, das die Auftraggeber der Werbung bestimmen. Und in diesen Inhalten wirken Mitglieder der Redaktion mit, werden zumindest in der Vorbereitung und Planung der Werbung insoweit eingespannt, als dass sie von ihrer persönlichen Mitwirkung im Livestream wissen, wenn nicht sogar gleich das ganze Werbevideo von einem Redakteur geschrieben wird.

Beispiele gibt es genug und sie wurden in mehreren Beiträgen im Forum aufgeschrieben. Redaktionsmitglied Michael Obermeier dreht mehrere Werbevideos zu Doom, Redaktionsmitglied Christian Schneider steht als Person vor der Kamera in einer Werbung zu Doom, Redaktionsmitglied Maurice Weber schreibt und vertont mehrere Videos über Magic-Karten, die mit der Bekanntheit seiner Person die Werbung noch bekannter machen soll – all diese Beispiele von Werbung sieht die Redaktion nicht „so früh oder spät“ wie die Leserinnen und Leser, nein, diese Werbung gibt es doch nur, weil sie explizit von der Redaktion – again: nachweislich – erstellt oder produziert wurde.

Deshalb ergibt auch das Statement des Chefredakteurs keinen Sinn. Wenn es in der Verantwortung des Chefredakteurs liegt, dass die „Redaktion unabhängig von Werbebuchungen“ arbeiten kann, wieso arbeitet die Redaktion dann an der Gestaltung der Werbung mit? Das ist ein üppiger Widerspruch. Einer, den der Chefredakteur in seinem Posting hätte aufdröseln können.

Er entschied sich dagegen.

Aussage 5: Wer Werbung macht, berichtet danach nicht redaktionell

Kurze Erinnerung: Die Debatte ausgelöst hat ein User, der nachfragte, ob es nicht fragwürdig sei, wenn in Advertorials und gesponserten Livestreams über das Spiel Warpips Redaktionsmitglieder auftreten. Bereits bei der ersten Stellungnahme schrieb der Chefredakteur, die beiden erwähnten Personen werden nicht redaktionell darüber berichten. Das bekräftigt er nun noch einmal.

„Es gibt keine Berichterstattung zu Warpips, weil wir uns redaktionell dagegen entschieden haben. Falls es wider Erwarten doch noch Interesse an dem Thema geben sollte, werden AK und Fritz nichts Redaktionelles dazu verfassen oder auch drehen. End of Story.“

Was der Chefredakteur hier vermutlich ebenfalls meint: Sollten Redaktionsmitglieder in gesponserten Livestreams auftreten, werden sie danach nicht mehr redaktionell berichten. Im aktuellen Fall ist das (noch?) nicht passiert, aber bei einem zurückliegenden: Doom Eternal.

Michael Obermeier drehte zwei Werbevideos zum Spiel, bevor er einige Monate später ein redaktionelles „Vorschau-Video“ zu einem Doom-Addon veröffentlicht hat. Ein paar Monate nach der Vorschau wirkte er dann ebenfalls in einem gesponserten Doom-Eternal-Livestream mit.

Aussage 6: Der Kodex wird eingehalten

Für leichtes Befremden sorgt folgende Aussage:

„Auch alles andere im Kodex gilt für uns, ob ihr es glaubt oder nicht. Vielleicht mag es für euch schwer nachzuvollziehen sein – die Kritik an den Widersprüchen müssen wir annehmen –, aber es ist auch und vor allem eine Selbstverpflichtung. Etwas an das sich die Kolleginnen und Kollegen halten müssen und das sie entsprechend auch jederzeit einfordern können.“

Und auch das ist nicht richtig.

Die Diskussion im Forum entstand doch nur, weil Redaktionsmitglieder nachweislich in Werbung mitgewirkt oder sie produziert haben. Das war der Ausgangspunkt, ruhig und sachlich und mehrfach im Forum von verschiedenen Usern aufgeschrieben und mit Beispielen versehen. Dass der Chefredakteur nun betont, der Kodex „gilt“ für die Redaktion und alle „müssen“ sich daran halten, ist geradezu absurd.

Anhand zweier Redakteure und einem einzigen Spiel soll deutlich gemacht werden, dass erstens: Redaktion und Werbung fließend ineinander übergehen und zweitens: der Kodex somit in Teilen nicht angewendet wird.

  • 21. Juli 2019: Redakteur Christian Schneider veröffentlicht ein redaktionelles Video über Doom Eternal.
  • 28. Februar 2020: Redakteur Michael Obermeier wirkt in einem als „Preview“ beschriebenen, redaktionellen Livestream mit.
  • 1. März 2020: Michael Obermeier und Christian Schneider veröffentlichen ein redaktionelles Preview-Video über Doom Eternal.
  • 10. März 2020: Michael Obermeier veröffentlicht ein Werbevideo über Doom Eternal.
  • 16. März 2020: Michael Obermeier veröffentlicht ein zweites Werbevideo über Doom Eternal.
  • 20. März 2020: Christian Schneider veröffentlicht ein Werbevideo über Doom Eternal.
  • 5. April 2020: Christian Schneider veröffentlicht ein redaktionelles Video über die Marke Doom.
  • 31. August 2020: Michael Obermeier veröffentlicht ein redaktionelles Preview-Video über Doom Eternal.
  • 21. Oktober 2020: Michael Obermeier wirkt in einem als „Dauerwerbesendung“ markierten Livestream über Doom mit.

Wer soll da durchblicken? Na klar sind ausnahmslos alle Werbeinhalte als solche markiert. Hier wechseln allerdings Redaktionsmitglieder teilweise im Wochentakt von journalistischer Berichterstattung zu Werbung und wieder zurück zu redaktionellen Berichten. Ein weiteres Beispiel, das zwar nicht explizit in den Forendiskussionen erwähnt wurde, doch die nach Belieben wechselnde Jobbeschreibung perfekt abbildet, stammt aus dem November 2020. Das PC-Magazin GameStar koopierte mit Sony, um, äh, das Jubiläum der Marke PlayStation zu feiern.

„PSmoment – Was war euer ganz besonderer PlayStation-Moment? [Anzeige]“

(Quelle)

Nicht allein die Einbindung der Leserinnen und Leser für ein Gewinnspiel war Inhalt der Kampagne, sondern auch mehrere Werbevideos, die GameStar gedreht hat – mit Auftritten von Redaktionsmitgliedern, die sich extra dafür vor die Kamera gesetzt haben. Oder wie es in der Anzeige direkt in der Einleitung heißt:

„Wir haben unsere Moderatoren gefragt, was ihr ganz besonderer Moment der letzten vier PlayStation-Generationen war.“

Und weiter:

„Wir haben unser Team gefragt, was ihr schönster oder bemerkenswertester PlayStation-Moment war […]“

Sechs Videos folgen, in denen „Moderatoren“ und das „Team“ über ihre Liebe zur PlayStation quasseln. So schön! Und weil es sich um „Moderatoren“ und nicht um Redaktionsmitglieder handelt, treten sie persönlich in „gesponserten“ Videos auf, die GameStar auf Facebook unter anderem so bewarb:

(Quelle)

Demnach machen „Moderatoren“ in persona Werbung für Werbung. Und oh, was ist das? Was steht da in dem Posting?

„Wir haben sechs Redakteure gefragt, was ihr besonderer Moment der letzten vier PlayStation-Generationen war.“

Ups. Warum heißt es plötzlich „Redakteure“? Vermutlich weil die erste Version des Artikels ebenfalls das Wort „Redakteur“ enthielt. Das deutet nicht nur das Facebook-Posting in der Link-Vorschau unter der Headline an, sondern auch eine ältere Version des Artikels, die durch die Wayback Machine zugänglich ist. Das Wording „Moderatoren“ ist in der Einleitung in beiden Versionen gleich, nicht aber im Fließtext. Da heißt es statt „unser Team“ folgendes:

(Quelle)

In einer Beschreibung eines der Werbevideos ist die Formulierung tatsächlich noch immer zu lesen.

„Über die nächsten Wochen erfahrt ihr noch von vielen weiteren RedakteurInnen, woran sie sich noch heute gern zurückerinnern.“

(Quelle)

Wann und warum GameStar die Formulierung geändert hat, wird nicht deutlich. Ein Korrekturhinweis fehlt. Laut der Wayback Machine hat eine zweite gespeicherte Version des Artikels fünf Tage später bereits die Formulierung „unser Team“. Drei der sechs „Moderatoren“, die zunächst „Redakteure und Redakteurinnen“ genannt wurden, sind eigentlich nämlich genau das: Teile der Redaktion, und zwar folgende:

„Fritz ganz persönlicher #PSmoment“
„Ann-Kathrins ganz persönlicher #PSmoment – Ein Spiel, das sie seit Jahrzehnten begleitet“
„Michis ganz persönlicher #PSmoment – Wie Journey zu Michis schönsten Erinnerungen mit der PlayStation wurde“

Die Videos lassen sich nicht nur in einem Sammelartikel inklusive Gewinnspiel finden, sondern sind auch einzeln auf GameStar.de eingebunden. Und jetzt der Vergleich: Wann veröffentlichten die angeblichen „Moderatoren“ ihre letzten Videos, in denen sie als „Redaktion“ bezeichnet wurden? Am 19. Mai, am 18. Mai und 19. März. Warum das PC-Magazin GameStar eine umfangreiche Werbekampagne zur PlayStation veröffentlicht, obwohl die Redaktion nicht über Konsolen berichtet, bleibt ebenfalls unklar.

Nach alldem muss man sich fragen: Worin unterscheiden sich die auf dem Youtube- oder Twitch-Kanal und zum Teil auch auf GameStar.de verwendeten Mechanismen der Redaktion von den teils undurchsichtigen Maßnahmen der Influencer*innen? Es ist sicherlich noch ein weiter Weg zur exakt gleichen Schärfe einiger Unseriösitäten, doch aktuell gibt sich die GameStar alle Mühe, möglichst intransparent über eine angebliche Transparenz zu labern, die schon längst nicht mehr gegeben ist.

Aussage 7: Die GameStar ist gekauft, sagen User

Nochmals versucht der Chefredakteur die Argumente der Leserinnen und Leser zu entkräften – mit einem Punkt, der nie angesprochen wurde.

„Natürlich könnt ihr sagen „In dem Stream gibt es eine Werbeeinblendung, also ist die GameStar-Redaktion gekauft und hält sich nicht an ihren Kodex.“ Müssen wir dann mit klarkommen. Oder ihr vertraut uns, dass wir nach bestem Wissen und Gewissen leben, was wir im Kodex formuliert haben.“

Nirgends hat in der aktuellen Debatte jemand behauptet, die GameStar sei gekauft. Ein unrealistischer Vorwurf wäre das, der kein Teil einer sachlichen Debatte sein sollte. Und genau so war es auch. Bis der Chefredakteur es auf den Tisch brachte, ohne jeden Grund.

Zumal er auch hier den Kern der Diskussion anscheinend noch immer nicht verstanden hat, zumindest hat es den Anschein, da er „Werbeeinblendung“ nicht weiter definiert, doch eine Werbeeinblendung definiert sich normalerweise durch die Unterbrechung eines bestehenden Inhalts/Programms durch Werbung. Werbeeinblendungen sind aber nicht das gleiche wie dreistündige Werbe-Livestreams, die ausschließlich ein vom Werbepartner bestimmtes Spiel als Thema haben und in ihrer Gesamtzeit exakt eines sind: Werbung.

Again, in aller Ruhe: Sollte in einem redaktionellen Video eine 30-sekündige Werbeeinblendung – unabhängig von Youtube – geschaltet werden, dann ist das keine dreistündige Dauerwerbesendung, sondern ein kleiner Werbespot in einem sonst unabhängig entstandenen Inhalt; ein E3- oder Gamescom-Livestream, der durch die Produktplatzierung von Nvidia oder NordVPN finanziert wird, behandelt zu 99 Prozent der Zeit eben nicht die platzierten Produkte, sondern eine weitestgehend redaktionelle Berichterstattung, die unabhängig vom Werbepartner geplant und erstellt wurde.

Anders hingegen funktionieren die gesponserten Livestreams oder Werbevideos, die in jeder Sekunde ihrer Existenz als Werbung funktionieren, so wie die Einblendungen „Werbung“, „Dauerwerbesendung“, „Anzeige“ oder „Sponsored Story“ deutlich machen. Und in dieser Werbung haben Redaktionsmitglieder mitgewirkt. Das widerspricht der Aussage, man würde „nach besten Wissen und Gewissen“ die Inhalte des GameStar-Kodex umsetzen.

Es ist genau anders herum: Obwohl die Widersprüche bekannt sind und vermeintlich diskutiert werden, arbeitet niemand daran, diese Widersprüche zu beseitigen – im Gegenteil heißt es, man solle der Redaktion vertrauen.

Aussage 8: Diskussion beendet

Noch mehr Fragen als Antworten sind durch das Statement des Chefredakteurs entstanden. Doch der will nicht weiter diskutieren.

„Und damit ist von meiner Seite alles zu diesem Thema gesagt.“

Letztlich beweist der GameStar-Chefredakteur damit eine vermeintliche Stärke, um die ihn sicher einige Politiker*innen beneiden: viel Tolles sagen, dabei aber möglichst jeden Fakt umgehen. Nicht auf ein einziges konkretes Beispiel geht der Chefredakteur ein. Er weigert sich, das Youtube- und Livestream-Team als Redaktion zu bezeichnen; er erkennt Widersprüche, will sie aber nicht auflösen oder adressieren; er benennt eine Autarkie, die nicht erklärt wird; er beschreibt nicht, wer für Planung und Umsetzung von Werbebuchungen verantwortlich ist, in denen Redaktionsmitglieder mitwirken; die Behauptung, die Redaktion sehe die Werbung genau so früh oder spät wie die Leserschaft, ist nachweislich falsch, genau wie die Aussage, man würde sich „nach bestem Wissen und Gewissen“ an den Kodex halten.

Mitglieder der Redaktion wirken in Dauerwerbesendungen mit, obwohl das laut eigener Richtlinien nicht passieren darf. Es ist nicht klar, wer überhaupt zur Redaktion gehört. Ursprünglich wollte man sich der Transparenz verpflichten und sich von Influencer*innen abgrenzen, doch wechseln Redaktionsmitglieder teils wöchentlich zwischen Werbung und Journalismus. Belege, Fakten, Beispiele werden gekonnt ignoriert, weitere Diskussionen will sich der Chefredakteur nicht antun.

Eigentlich kann es da nur ein Fazit geben: Der sogenannte GameStar-Kodex ist gescheitert.


Und nun zur GameStar-Konkurrenz:

Werbung bei PC Games: Ist das noch Journalismus oder kann das weg? Mit dem Segen der Redaktionsleitung schreiben Redakteure Advertorials. Probleme sieht man darin offenbar nicht.

Der Herr der Sales-Abteilung: (K)Ein Epos in drei Akten: Der Chef einer Anzeigenabteilung textet weiterhin redaktionelle Berichte für die PC Games.

Der seltsame Fall von nicht markierter Werbung bei Spieletipps: Immer wieder erscheinen auf Spieletipps.de nicht markierte Anzeigen – obwohl sie eigentlich doch markiert sind. Doch niemand kümmert sich darum.

Der seltsame Umgang mit dem geilen Sandkasten namens ArcheAge Unchained: Spieletipps und GIGA berichten über ein MMO in weitestgehend unkritischen Artikeln – die komischerweise Ähnlichkeit zu Advertorials haben, die bei der Konkurrenz erschienen.

Albion Online und PC Games: Das kleine Wörtchen „Anzeige“: PC Games veröffentlicht eine ungewöhnlich positive News über ein Online-Spiel. Zeitgleich veröffentlicht GameStar ebenfalls einen Text zum gleichen Spiel: markiert als Werbung. Was ist da passiert?

2 Kommentare

  1. Hach die GS.
    Ich hatte glaube schon mal gesagt das ich da geflogen bin, nach fast 20 Jahren, weil ich mich traute eben genau auch sowas anzusprechen. Und vor allem etwas gegen das Heilige Star Citizen zu sagen. Und weg war ich, nach 20 Jahren als Stamm User. Das muss man sich mal vorstellen.
    Ich habe damals, als GS aufgekauft worden ist genau so etwas vorausgesagt, auch deren momentane sehr aggressive Abo Politik. Genau das habe ich gesagt. Und gekommen ist es genau so.
    Machen sie so weiter, war es mal die Größte Gamer Page.
    Ich finde es gut das du da dran bleibst. Das ist alles da so verlogen. Wenn ich dürfte, oh man, ich habe Foren Screenshots, die würden dich 100 Seiten tippern lassen so würdest du ausflippen was ich da für Konversation mit den Machern hatte. Aber aus Datenschutz darf ich das eben nicht weitergeben.
    Aber du deckst das schon auf. Wichtig ist aber vor allem das es auch mal nach außen dringt und nicht nur hier bleibt.

    gruß

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  2. Wer großspurig „Bitte glaubt uns, weil wir jetzt Kodex“ öffentlich krakelt, der muss wirklich ein Glaubwürdigkeitsproblem haben.

    Gamestars vermeintliche Kodex-Offensive, die ihren Ursprung aus einer eigenen und selbstverschuldeten Vertrauenskrise ins Leben gerufen wurde, ist doch nur noch ein Phantomschmerz aus vergangenen Jahren.

    Deren Kodex ist mMn reine Makulatur. Sämtliche der darin versprochenen 10 Punkte ihrer angeblichen „journalistischen Qualität“ haben sie mehrfach nicht eingehalten, wie du auch anschaulich belegen konntest. Dabei sind wesentlich mehr Ungereimtheiten vorgefallen, die ihrem vermeintichen „Kodex“ und Punkten widersprechen. Sehr viel mehr.

    Doch wegen mir können sie weiterhin glauben, sie machten ehrlichen oder qualitativen Gaming Journalismus. In ihrer eigenen Redaktions-und Lobby Blase mag das sicher stimmen.

    Ich persönlich besuche Gamestar nur noch dann, wenn ich hin und wieder Lust auf was saudummes zum Lesen habe.
    Sind ja auch Klicks.

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