Medienkritik

„Streamer lebt im Müll“: Das verd(r)eckte Sommerloch

Niemand hat den Schmutz kommen sehen. Aktuell berichten mehrere Medien, unter anderem GameStar, über xQc, einen der größten Streamer der Welt. Es sind erschreckende Bilder.

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Auch Ingame, jenes Magazin, das Minderjährigen Online-Glücksspiel empfohlen hat, berichtet.

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Wenn sogar die Redaktion von Ingame, die – man kann es nicht oft genug betonen – Online-Casinos an Minderjährige empfohlen und somit menschlich gesehen leichte Probleme haben dürfte, mit „Igitt!“ dem Ekel Ausdruck verleiht, dann muss die Situation ernst sein. Auch bei GameStar heißt es:

„Ganz schön fies: Wie der Clip zeigt, lebt der Streamer quasi im Dreck. Auf dem Schreibtisch häufen sich Essensreste, leere Getränkedosen und anderer Müll. Auch auf dem Boden stapelt sich schon der Abfall.“

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Im Dreck lebt er. Im Dreck! Der Müll „häufe“ sich auf dem Boden und auf dem Schreibtisch. Widerlich. Das dazugehörige Video d(r)eckt den dreckigen Skandal auf. Solche Zustände machen betroffen.

Bereits der Eingang zum Zimmer lässt ein normales Gehen, Wandern, Umherstreifen nicht mehr zu. Da liegt schließlich ein Kabel. Ein gottverdammtes, mit Schmutz besudeltes Kabel!

Auch das Bett gleicht mehr einer Sammelstelle für Gelbe Säcke als einem Schlafplatz. Welches Monster legt nach dem Aufwachen sein Bettzeug nicht ordentlich zusammen? Abartig.

Vor dem Bett erwartet den Zuschauerinnen und Zuschauern ein Anblick, bei dem man würgen möchte.

Ein Mikrofon vegetiert auf dem kuschligen schimmligen Boden, ein Monitor erinnert nur noch entfernt an das glückselig-goldene Strahlen der Lebensfreude, die man von gesunden, gepflegten Monitoren gewohnt ist. Und als sich der Streamer im versifften Spiegel zeigt, wird das Ausmaß erst deutlich: Ja, xQc lebt im Dreck.

*** WARNUNG: ES FOLGEN EXPLIZITE DARSTELLUNGEN VON DRECK ÜBELSTER SORTE ***

*** WARNUNG: ANSCHAUEN AUF EIGENE GEFAHR ***

Wo der Dreck beginnt und das Bett aufhört, ist schlicht nicht mehr zu erkennen. Krabbelt eine Maden-Mannschaft auf dem Gesicht des Streamers umher und imitiert ein Lächeln? Vermutlich. Eindeutig. Bah!

Als die Kamera unter den Schreibtisch wandert, kann von einem Leben in Würde nicht mehr die Rede sein.

SCHON WIEDER NACKTE KABEL!

Anzeige ist raus.


Wer aufs Datum blickt und die generelle News-Lage in der Spielebranche betrachtet, darüber hinaus das zur News gehörige Video schaut, in dem das Zimmer des Streamers zu sehen ist, der weiß: was für ein Bullshit. Alles.

Natürlich lebt xQc nicht im Dreck. Nicht mal annähernd. Null. Ist es unaufgeräumt? Klar. Bisschen schmutzig? Jap. Lebt er auf einer Müllhalde? Sicher nicht. Das Video, das GameStar in der, ähm, „News“ einbindet, zeigt nämlich genau das: bissl Müll. Nicht mehr, nicht weniger.

(Quelle)
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Sauber ist das nicht, im Gegenteil. Doch von einem Leben im Dreck ist hier nichts zu erkennen. Zehn Minuten bräuchte es, die paar Verpackungen und Essensreste zu entsorgen. Mülltüte öffnen, rein damit, fertig. Rasch saugen und wischen und es dauert maximal 20, vielleicht 30 Minuten, bis das Zimmer ein Paradies für Gegenstandslecker*innen wäre.

Zumal nur ein kleiner Teil des Zimmers überhaupt „betroffen“ ist. Vor den beiden Türen? Nix. Auf dem Bett? Nix. Vor dem Bett? Ein paar harmlose Gegenstände, mehr nicht. Unter dem Schreibtisch? Ebenfalls nix. Über dem Schreibtisch und den Monitoren? Auch nix. Der Spiegel? Unauffällig. Wer die News der GameStar wörtlich nimmt, kann ein Leben im Dreck nicht finden. Überall müsste der Müll sein, um dem Wording zu entsprechen, in jeder Ritze, auf jedem freien Meter; über, unter, auf dem Bett, dem Schreibtisch, dem Sessel.

Nichts davon trifft zu.

Ingame schreibt, xQc würde seine Zuschauerinnen und Zuschauer an die „Ekel-Grenzen“ bringen. Auf beiden Seiten des Schreibtischs würde sich der Müll „stapeln“, heißt es, was natürlich eine herrlich monströse Übertreibung ist, aber ach, es ist immerhin verständlich, den Fastfood-Müll zumindest ein bisschen eklig zu finden. Doch nicht nur auf dem Schreibtisch finde sich Müll, wie Ingame weiter schreibt:

„Nicht nur da findet sich der Schmutz, sondern auch im restlichen Zimmer.“

Und das ist schlicht gelogen. Links neben dem Schreibtisch liegen sicherlich noch einige Reste von Essensbestellungen. Doch weder auf dem Bett, noch vor oder daneben oder unter dem Schreibtisch oder am Eingang des Zimmers stapelt sich der Müll. Weiter schreibt Ingame von „einem Grauen“, das mehr und mehr ersichtlich werde, je mehr der Streamer zeigt – obwohl genau genommen das Gegenteil der Fall ist: je mehr man sieht, desto harmloser wird es.


Völlig in Ordnung wäre es, den Zustand des Zimmers mit „unaufgeräumt“ zu beschreiben. Da liegt Müll auf dem Boden und dem Schreibtisch. Doch das war’s. Selbst der im Video gezeigte kleine (!) Raum ist mit diesem Müll nicht mal zur Hälfte gefüllt, achwas: nicht mal die Hälfte der Hälfte der Hälfte wäre damit zu befüllen. GameStar und Ingame suggerieren nicht nur mit plumpen Überschriften etwas anderes, sie meinen es sogar so; die Autor*innen scheinen davon überzeugt zu sein, der Streamer lebe „im Müll“, so wie es in den Texten heißt.

Sommerloch, na klar. Kann das aber eine Ausrede für billigen Boulevardjournalismus sein? Bei Ingame mag das Alltag sein, da gibt es beinahe jeden Tag neuen Clickbait in alten News. Doch die GameStar verspricht einen „journalistischen Qualitätsanspruch“ im hauseigenen Kodex. Eine Müllhalde herbei zu flunkern, die nachweislich, ja offensichtlich nicht existiert, hat sicherlich nicht viel damit zu tun.

Auf die Kritik der Leserinnen und Leser hat GameStar indes nicht reagiert. Im Sommerloch bleibt dafür vermutlich keine Zeit.

3 Kommentare

  1. Ich habe ja schon vor Jahren aufgehört die Gamestar zu lesen. Seit der IDG die aber verkauft hat, scheint das Niveau und die Seriösität auf rasanter Talfahrt zu sein…

    Und was das Thema betrifft; Jeder Mensch darf so leben wie er möchte. Niemand hat das Recht das zu kritisieren. Bei mir sieht es nach einem anstrengenden Arbeitstag auch nicht viel aufgeräumter aus (minus der Essensreste) – und oft habe ich dann auch nicht mehr die Energie daran was zu ändern. Ui je, dann lebe ich ja auch im Müll. Hilfe!!!

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  2. Man muss schon über sehr viel Verachtung gegenüber den Leser und den betroffenden und behandelnen Personen übrig haben, derart denunzierend über einen Menschen, trotz der vorhandenen Fakten, mit Vorsatz und voller Absicht und im wahrsten Sinne des Wortes diesen in den Dreck zu schreiben und seine Leser*innen obendrauf für Dumm zu verkaufen.
    Ist das nun Fake News oder schon Gaslighting*?

    Gamestar lieferte das Video gleich mit, indem jeder den Inhalt direkt Falsifizieren konnte. Die Redaktion wiederum reagierte auf Kritik mit Kommentarlöschungen. Sie wissen also sehr genau was sie dem Streamer mit dem Artikel antun.

    Als Fazit sind die Gaming Magazine Ingame.de und Gamestar auf den gleichen niedrigen widerlichen Niveau angekommen als damals die Medien jeden Shooter Spieler als Killerspieler denunzierten. Ingame wie Gamestar sind unter Strich genauso wie Boulevardmedien moralisch verkommen wie abstoßend geworden.

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  3. Sicher das die GS nicht inzwischen bei der Springer Medien Group verlegt wird? Da ist es ja Usus aus einer Mücke einen Elefanten zu machen und umgekehrt, je nach Interessenlage.

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