Medienkritik

In FIFA spielt GIGA vermutlich rechtsaußen: Wenn der Demokratieverdruss kickt

Ein Assoziationsspiel: GIGA Games? Go! Budi und Simon vielleicht. Fernsehsender über Spiele. Game One und Rocket Beans. Und, na klar, Rundfunkgebühren.

Was?

Ja, doch. GIGA, das kultige, altbekannte GIGA berichtet über Rundfunkgebühren. Nicht zu knapp. Weil das ja klar ist. Am 6. Januar 2019 sah das zum Beispiel so aus:

„Erhöhung des Rundfunkbeitrages: Keinen Cent mehr an die Gebühren-Verschwender! [Kommentar]“

(Quelle)

Oh. Oh! Uh-oh. So richtig möchte man das jetzt nicht lesen, aber ach, das wird schon nicht so schlimm werden …

„[…] und natürlich das fragwürdige Berufsverständnis von Haltungs-Journalisten, die im Namen der „guten Sache“ bedenkenlos jeden publizistischen Grundsatz über Bord werfen und sich zum Erzieher der Nation aufschwingen.“

Was da passiert ist? Ein Teil der Antworten könnte die Gesellschaft verunsichern. Nur so viel: Um konstruktive Kritik scheint es dem Autor nicht zu gehen.

Aber von vorne.


Stichwort 1: Zwangsabgabe

Anfang 2019 berichtete GIGA über den Rundfunkbeitrag. Ausgangspunkt war eine im Dezember 2018 geforderte Erhöhung des Beitrags. Das nahm ein Redakteur von GIGA zum Anlass, seinen Frust über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu äußern. Mit dem Zusatz „Kommentar“ macht GIGA das dann im Titel deutlich. Der Text beginnt so:

„Sie kriegen den Hals nicht voll: Statt den Gürtel endlich mal enger zu schnallen, hält der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland wieder die Hand auf und fordert eine Gebührenerhöhung. Eine Unverschämtheit in Anbetracht der gebotenen Gegenleistung.“

Stil und Tenor werden bereits in der Einleitung festgelegt: Hier spricht endlich jemand Klartext. Der haut da drauf, auf den Rundfunk, der „GIGA-Experte für Smartphones, Tablets und Smartwatches“, mit Schmackes und Verve, mit Wut und Mut.

„Unbemerkt von der Öffentlichkeit leidet eine Gruppe in diesem Land an besonderer Existenzangst. Wer jetzt an alleinerziehende Mütter, flaschensammelnde Rentner oder Obdachlose denkt, irrt aber. Es ist nämlich der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der in Wahrheit am Hungertuch nagt. Mit mickrigen 7,9 Milliarden Euro müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio im Jahr auskommen. Kein Wunder also, dass jetzt die Rufe nach einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages laut werden.“

Bis zu diesem Abschnitt, also dem ersten Absatz, könnte man noch denken, ah, ja, da hat er doch auch recht. Und wenn der Autor das Gehalt vom „ARD-Vorsitzenden“ mit dem französischen Staatspräsidenten vergleicht, wirkt die Kritik nicht gänzlich unglaubwürdig. Doch das ändert sich schnell.

„Während der politische Streit um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages weitergeht, zappelt der Beitragsservice nicht lange und verschickt derweil nach einem Datenabgleich mit den Einwohnermeldeämtern knapp 3 Millionen Briefe an Bundesbürger. Damit will die ehemalige GEZ auch den letzten aufspüren, der sich der Zwangsabgabe entzieht. So viel Doppelmoral war wirklich selten: ARD und ZDF lassen keine Gelegenheit aus, um gegen US-Konzerne wie Amazon und Google zu polemisieren – wenn es aber um mögliche Gebühren-Preller geht, hat man plötzlich keine Datenschutzbedenken mehr und nimmt es achselzuckend hin, dass Millionen Bürger durchleuchtet werden.“

„Zwangsabgabe“ der „durchleuchteten Bürger“, da wird sofort klar: Differenzierter Journalismus, der ein Für und Wider sorgsam, sachlich abwägt.

Richtig ist: Der Beitragsservice arbeitet mit den Kommunen zusammen. Einwohnermeldeämter übermitteln Daten für einen Abgleich. T-Online hat dazu bereits 2018 einen Artikel verfasst, der etwaige Fragen zur Datenübermittlung beantwortet. So sei der Vorgang „normal“, da Einwohnermeldeämter regelmäßig Informationen übermitteln, etwa nach „Umzügen oder Sterbefällen“. Diese „anlassbezogene Meldedatenübermittlung“ beinhaltet unter anderem auch Adressen.

Für die „Durchleuchtung“, wie der Autor es nennt, gibt es sogar eine rechtliche Grundlage: § 14 Abs. 9 im Rundfunkstaatsvertrag. Unter anderem der bayerische Verfassungsgerichthof hat die Rechtmäßigkeit bestätigt. Es handele sich um „ein erforderliches Mittel zur Herstellung von Beitragsgerechtigkeit, das einen vergleichsweise geringen Eingriff in die Privatsphäre des Einzelnen darstellt“, heißt es weiter. Der Autor fährt fort mit einem Vergleich, den man mit „verfickt unnötig“ beschreiben könnte:

„Vielleicht sollte sich der Verfassungsschutz Hilfe vom Beitragsservice holen: Der NSU hätte sich vor dem alles sehenden Auge der Gebühreneintreiber wohl nicht verstecken können.“

Wie der Autor den Tod von zehn Menschen und 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und das Versagen von Polizei und Politik zum Anlass nimmt, um über ein vermeintliches Durchleuchten, in Wahrheit aber nur vergleichsweise harmlose Adress-Übermittlungen zu schimpfen, entspricht einer besonders widerlichen Geschmacklosigkeit.

Eine „gigantische Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ ergebe sich, heißt es weiter, als der ZDF-Intendant Thomas Bellut zitiert wird. Ohne eine Beitragsanpassung sei das „Qualitätsniveau auf keinen Fall zu halten“, sagt Bellut. Daraufhin schreibt der GIGA-Redakteur:

„Allein: Von welchem „Qualitätsniveau“ spricht Herr Bellut eigentlich? Mittlerweile sind ARD und ZDF so flach und austauschbar wie jeder Privatsender. Dass es übrigens auch anders geht, beweist ein Blick nach Großbritannien.“

Sobald die Rundfunkanstalten in Deutschland kritisiert werden, muss die BBC als Vergleich herhalten. Denn da laufe es angeblich so viel besser.

„Zwar hat der dortige öffentlich-rechtliche Rundfunk deutlich weniger Mittel zur Verfügung, schafft es aber dennoch in schöner Regelmäßigkeit, qualitativ hochwertige Serien wie „Sherlock“, „Dr. Who“ oder „Bodyguard“ abzuliefern. […] Und was bekommen wir in Deutschland für unsere 7,9 Milliarden Euro? Serien zum Fremdschämen wie „Der Bergdoktor“ oder „In aller Freundschaft“ […]“

Gut, könnte man nun argumentieren, Serien wie „Sherlock“ oder „Dr. Who“ erreichen allein schon durch die gesprochene Sprache ein viel größeres Publikum als eine Serie in Deutsch; Untertitel haben – etwa in Amerika – einen schweren Stand und finden teilweise erst nach und nach ein breites Publikum. Doch hier folgen ganz konkrete Fakten über Serien, die der Autor vermutlich bewusst ignoriert hat:

  • Türkisch für Anfänger“, ARD-Serie: Lief von 2006 bis 2008 in drei Staffeln. In 70 Länder wurde die Serie verkauft und lief unter anderem in Frankreich, Spanien, Russland und der Schweiz. In Schweden wurde die Serie im Deutschunterricht verwendet. Die TV-Quoten waren durchwachsen, doch der 2012 veröffentlichte Kinofilm bewies eine nicht zu leugnende Beliebtheit: Mit knapp 2,4 Millionen Zuschauer*innen war der Film 2012 die erfolgreichste deutsche Kinoproduktion. Bei der Free-TV-Premiere schalteten fast 5 Millionen Menschen ein, das entspricht einem Marktanteil von 16 Prozent.
  • „Babylon Berlin“, ko-produziert von der ARD: Läuft seit 2017 in drei Staffeln. Die Ausstrahlungsrechte der dritten Staffel wurden noch vor Ende der Dreharbeiten in mehr als 35 Länder verkauft. Im Free-TV erreichten die ersten drei Folgen mehr als 7,8 Millionen Zuschauer*innen, ein Marktanteil von fast 25 Prozent. Die Kritiken waren überwiegend positiv, teilweise sogar überschwänglich.
  • „Der Tatortreiniger“, NDR-Serie: Lief von 2011 bis 2018 in sieben Staffeln. Während die Quoten schwach ausfielen, gilt die Serie als Liebling der Kritiker*innen und ist besonders im jungen Publikum beliebt. BBC One hat unter dem Namen „The Cleaner“ eine Adaption der Serie in Auftrag gegeben. Ausstrahlungsrechte wurden nach Frankreich und Amerika verkauft.
  • „Bad Banks“, koproduziert von ZDF und arte: Läuft seit 2018 in zwei Staffeln. Erhielt 2019 den „Deutschen Fernsehpreis“ und war für den „International Emmy“ nominiert. Die Quoten der TV-Ausstrahlung beliefen sich auf durchschnittlich zwei Millionen Menschen, doch war die Serie zuvor bereits in den ZDF- und arte-Mediatheken verfügbar und erzielten mehr als fünf Millionen „Sichtungen“, wie das ZDF mitteilte.

Für den Autor sei eine Serie wie „Der Bergdoktor“ zum „Fremdschämen“, aber das gilt nicht für viele andere, wie etwa Quoten beweisen. Ein kurzer Vergleich: „Bodyguard“ erzielte tatsächlich phänomenale Quoten, seit Beginn der Quotenmessung 2002 in England erreichte keine Serie so hohe Zahlen. Das Finale haben ungefähr 17 Millionen Menschen gesehen. Solche Quoten erreicht „Der Bergdoktor“ zwar nicht, erzielte mit der vergangenen Staffel aber Marktanteile von über 20 Prozent, also ca. 7 Millionen Zuschauer*innen. Ein großer Erfolg und eine anhaltend beliebte Serie kann nicht weggeredet werden, weil die persönlichen Befindlichkeiten eines GIGA-Redakteurs nicht mit einer Serie klarkommen.

Zumal hier eines beachtet werden muss: „Bodyguard“ ist eine Ausnahme. „Doctor Who“ etwa gilt international als beliebte Serie und wird rund um den Globus gefeiert, erreichte in der 12. Staffel mit der letzten Folge aber „nur“ 3,7 Millionen Zuschauer, ein historisches Tief. Filmproduktionen wie „Tatort“ oder „Polizeiruf“ erwähnt der GIGA-Redakteur ebenfalls nicht, vermutlich um auch hier die durchgehend starken Quoten nicht beachten zu müssen.

Die Tatortfolge „Fangschuss“ aus Münster erreichte 2017 mehr als 14,5 Millionen Menschen. Zum Vergleich: Die dritte Staffel von „Sherlock“ erreichte durchschnittlich 12 Millionen Menschen, die finale Episode der vierten Staffel lediglich 5,9 Millionen Menschen. Die Filmreihe „Polizeiruf 110“ – genau wie „Tatort“ – zeigt (ab und zu) mit brillanten Regisseuren wie Dominik Graf oder Christian Petzold regelmäßig gute Qualität, wobei beide Formate eher mit den austauschbaren Filmen die hohen Quoten erreichen. Quoten indes, die sich ebenfalls nicht wegreden lassen, unabhängig von der vermeintlichen Qualität oder den Ansprüchen des GIGA-Redakteurs.

Ja, man kann die Produktionen von ZDF und ARD kritisieren. GIGA legt hier allerdings nahe, es gebe keine Quotenhits oder nur miese Qualität bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Belegen lässt sich das freilich nicht. Zumal die Argumentation des GIGA-Redakteurs mehrere Lücken aufweist. Etwa beim Thema Sparen:

„Aktuell liegt der Beitrag bei 17,50 Euro pro Haushalt und Monat. Sollten die Bundesländer einer geforderten Gebührenerhöhung nicht zustimmen, will ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm im Notfall sogar vors Bundesverfassungsgericht ziehen und klagen. Auf die Idee, dass die Öffentlich-Rechtlichen auch mal sparen könnten, kommt Wilhelm offensichtlich nicht.“

Erst 2015 gab es eine Senkung des Beitrags von 17,98 auf 17,50 Euro. Ja, die Senkung gab es nicht, weil die Sender sparen wollten, sondern ein großes Plus eingenommen haben; zu dem nimmersatten Rundfunk, wie der Autor in seinem Text nahelegt, passt das allerdings nicht. Sparkurse hat es indes immer wieder gegeben: 2014 beim WDR zum Beispiel, 100 Millionen Euro weniger, 500 Stellen fielen weg, wie die ZEIT schreibt. Im Jahr 2017 einigten sich ARD und das Deutschlandradio auf neue Tarifverträge, die weniger Rentenzahlungen beinhalteten.

Beendet wird der Artikel so:

„17,50 Euro im Monat sind für Millionen eine Menge Geld. Forderungen nach einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages sollten daher nicht allzu leichtfertig erhoben werden.“

„Leichtfertig“ wird eine Erhöhung ohnehin nie vorgenommen, wie der Autor hier nahelegt. Die unabhängige „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ (KEF) prüft regelmäßig das Verhältnis zwischen Rundfunkbeitrag und Einnahmen; auf dieser Grundlage entscheiden dann die Ministerpräsidenten, ob sich etwas ändern wird. Anfang 2019, als der erste Kommentar des Redakteurs erschien, war die Grundlage des Textes eine Forderung des Westdeutschen Rundfunks, also keine unabhängig durchgeführte Ermittlung der Lage. Das änderte sich mit dem 2020 veröffentlichten Bericht der KEF, die dann tatsächlich eine Erhöhung empfohlen hat, wie der Tagesspiegel schreibt.

Was bekommt man eigentlich – im Vergleich zur BBC – in Deutschland für die knapp 8 Milliarden Euro?

„[…] natürlich das fragwürdige Berufsverständnis von Haltungs-Journalisten, die im Namen der „guten Sache“ bedenkenlos jeden publizistischen Grundsatz über Bord werfen und sich zum Erzieher der Nation aufschwingen.“

Ah.

Oh.

Beispiele nennt der GIGA-Redakteur nicht. Dabei unterstellt er dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Menge. Welche „gute Sache“ ist hier gemeint? Warum ist das Berufsverständnis der Journalist*innen „fragwürdig“? Und sollte ein publizistischer Grundsatz „über Bord“ geworfen werden, wird das ziemlich sicher handfeste Beispiele geben – nur: wo sind sie?


Stichwort 2: Demokratie

In den vergangenen Wochen und Monaten diskutierten Politik und Medien die Erhöhung der Rundfunkbeiträge erneut. GIGA berichtete ebenfalls, wieder mit einem Kommentar. Der Autor, der Journalistinnen und Journalisten von ARD oder ZDF ein „fragwürdiges Berufsverständnis“ attestiert und sie als „Erzieher der Nation“ bezeichnet, hat sich dem Thema erneut gewidmet, und es ist derselbe Autor, der im Autorenprofil bei GIGA.de auf sein Twitterprofil verweist und dort unter anderem einen mittlerweile gelöschten Tweet veröffentlicht hat, der besagte, dass „Antifaschisten die neuen Faschisten“ seien, und ja, äh, dieser Autor hat einen zweiten Text geschrieben, der folgenden Abschnitt enthält:

„Dieses Land verwandelt sich nicht in ein Orbán-Ungarn, wenn ARD und ZDF einfach mit dem auskommen müssen, was sie haben. Im Gegenteil sollten sich die Öffentlich-Rechtlichen mal fragen, ob sie nicht mitverantwortlich für Spaltung und Demokratieverdruss sind, indem sie in gesellschaftlichen Streitfragen sehr einseitig berichten. Das Meinungsspektrum in Deutschland ist eben breiter als die Gespräche, die an der Kasse im veganen Bio-Laden geführt werden.“

Michael Wendler gefällt das. Wie viele Telegram-Gruppen mit vierzehn Ausrufezeichen im Namen wohl nahezu das Gleiche über ZDF und ARD geschrieben haben. Aber ach, wenn der Redakteur wenigstens Argumente nennen würde. Schließlich ließe sich jeder Vorwurf beinahe exzellent begründen. Wenn die öffentlich-rechtlichen Medien tatsächlich „sehr einseitig“ berichten, sollte es Beweise dafür geben. Und die Demokratie! Um die geht’s hier auch, doll sogar, einen Verdruss soll’s da geben, an dem ARD-Journalist*innen Schuld seien. Allein: Konkrete Beispiele nennt der Redakteur für den Vorwurf nicht. Mal wieder.

Selbst ohne etwaige Tweets, die der Autor zwar auf seinem „privaten“ Account veröffentlicht hat, aber kein Problem damit zu haben scheint, wenn Leserinnen und Leser von seiner Autorenvorstellung bei GIGA.de auf seine „Antifaschisten sind Faschisten“-Perlen geleitet werden, dürfte klar sein, in welche Richtung er argumentiert. Lässt er für seine nicht weniger als „Demokratieverdruss“ und „Spaltung“ heraufbeschwörende Schimpfe die Beispiele und Argumente bewusst weg? Schließlich müsste er dann seine vagen, hoffnungslos plumpen Beschreibungen viel deutlicher benennen.

Geht’s hier um die Corona-Pandemie? Vielleicht, bestimmt, kann sein. Es tobt ein Krieg zwischen Meinungen und Fakten, vermeintliche Fakten selbstredend, denn obgleich die Arbeit der Regierung in einer Ausnahmesituation zwingend kritisiert werden muss und der daraus resultierende Diskurs unbestreitbar wichtig ist, ist eine Meinung darüber, ob eine Maske nun wirklich niemandem helfe außer der Echsenmenschenregierung, nicht mit einem durch Studien belegbaren Fakt gleichzusetzen. Oder auch: is‘ halt Bullshit, den die da labern.

Und „die“ durften das sogar im Fernsehen sagen. Beim WDR. 90 Minuten lang. In Italien habe es nur so viele Tote gegeben, weil es vor der Pandemie viele Impfungen gegeben habe, die das Immunsystem schwächen würden, durfte da zum Beispiel ein Mann sagen. Bei einem öffentlich-rechtlichen Sender. Einem anwesenden Lungenfacharzt warf man vor, er dürfe nicht „offen“ reden, aus Angst vor Bußgeldern. Übermedien hat das aufgedröselt. Und ach, als der Deutschlandfunk mit dem Herausgeber der Zeitung „Demokratischer Widerstand“ ein Interview führte und der davon sprach, wie die Regierung eine „eigene Wahrheit“ verkünde und Masken „pervers und nutzlos“ seien (via Übermedien), dürfte exakt das Gegenteil von „einseitiger Berichterstattung“ sein.

Solange der GIGA-Redakteur seine Vorwürfe nicht belegt, führt es zu nichts, ihn für, naja, Nichts zu kritisieren. Bedenkt man die Wortwahl seiner Texte, seine (gar nicht so privaten) Tweets, die nur zwei Klicks von seinen Texten entfernt sind und liest man dann, wie er auf Twitter Unterstützer*innen der Initiative „ZeroCovid“ als „weltfremde Extremisten“ bezeichnet, lässt sich mutmaßen, die vermeintlich einseitige Berichterstattung würde eine wie auch immer geartete linke Meinung bevorzugen. 2019 wurde sogar von einer Studie bewiesen, das Publikum von ARD und ZDF sei „vollständig“ links, wie etwa die „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb.

Stellt sich raus: stimmt so nicht. Übermedien schreibt dazu:

„Tatsächlich schauen also in Deutschland deutlich mehr Menschen, die sich als links identifizieren, öffentlich-rechtliche Nachrichten als Menschen, die sich als rechts identifizieren. Aber es ist keineswegs so, dass ARD und ZDF ein „linkes Publikum“ haben: Auch bei denjenigen, die sich als „Mitte“ bezeichnen, erreichen sie fast drei von vier Menschen. Und sogar bei denen, die sich als „rechts“ bezeichnen, liegt die Reichweite bei über 50 Prozent.“

(Quelle: Übermedien)

Zurück zu GIGA. Im neuerlichen Text schreibt der Redakteur folgendes:

„Es gehe um die Demokratie, schreiben manche allen Ernstes. Andere weisen mit bebender Stimme darauf hin, dass auch die AfD gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags sei – eine abenteuerliche Argumentation. Als sei eine Position per se schlecht, nur weil sie auch von der AfD vertreten wird.“

Es stimmt: Weil die AfD dieses oder jenes vertritt, kann das nicht automatisch bedeuten, dieses oder jenes für immer zu meiden. Doch bei der AfD handelt sich um eine teilweise vom Verfassungsschutz beobachtete Partei, die extrem rechte Positionen vertritt – und weit darüber hinaus. Es sei etwa „ein Problem“, wenn Adolf Hitler als „das ultimativ Böse“ dargestellt werden würde, hieß es von Björn Höcke, an anderer Stelle betonte die Partei, man wolle Menschen „entsorgen“, man werde „aufräumen“ und „ausmisten“; das Erinnern an den Holocaust sei ein „Denkmal der Schande“.

Wenn also eine Partei gegen Flüchtende hetzt, wenn eine Partei den Holocaust verharmlost, wenn eine Partei Menschen „entsorgen“ will, muss zwingend jede von der AfD vertretene Position zu Ende gedacht werden. Was hat die AfD davon, wenn der Rundfunkbeitrag nicht erhöht wird? Wie sprechen Mitglieder der Partei über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Warum will die Partei den Rundfunkbeitrag abschaffen?

Im Wissen um den ziemlichen Quatschinhalt der jeweiligen Artikel heißt es am Ende jeweils:

„Hinweis: Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen stellen ausschließlich die Ansichten des Autors dar und sind nicht notwendigerweise Standpunkt der gesamten GIGA-Redaktion.“

Dass die „Ansichten des Autors“ in dem Fall darin bestehen, Journalist*innen die Mitschuld an der Spaltung eines Landes zu geben, hält in der GIGA-Redaktion wohl niemand für befremdlich. Überhaupt, dieses Desinteresse der GIGA-Redaktion an den Wortmeldungen der Leser*innen. Das sieht zum Beispiel so aus:

„Zwangsabgabe für ein Fernsehen das keiner will Hurra Demokratie“

„Abschaffen! Wir dürfen überall nur Geld bezahlen! STEUER ! RUNDFUNK! SAUEREI!“

„Auf die Strasse gehen und gegen diese Schweinerei protestieren! Kein Cent für diesen Mist zahlen! und die SoLi sollte jetzt mitunter abgeschafft werden! Auf die Strasse laut werden/protestieren!!“

90 Kommentare allein unter einem Beitrag – für GIGA-Verhältnisse ist das üppig. Vermutlich berichtet das Magazin, das „Leidenschaft für Technologie, Games & Entertainment“ bieten soll, eben genau deswegen über den Rundfunkbeitrag.

„Rundfunkbeitrag: Das sind die „besten“ Tricks der GEZ-Gegner“

(Quelle)

57 Kommentare, darunter folgender:

„Dieser betrügerische Dreckshaufen hätte schon lange abgeschafft. […] Die wollen die Bevölkerung nach Strich und Faden verarschen!!!!!!!!!!!“

Oder der hier:

„Die größte Volksverdummung Deutschlands mit freundlicher Beihilfe des Bundesverfassungsgerichts .“

Zum Diskurs trägt auch der User namens „BrautigamErhard“ bei:

„Wenn die Politik meint,daß,dass VOLK FÜR luxus Sender zahlen muß,dann ist das eine Volksvergewaltigung..“

Ein anderer User schreibt:

„Jene Richter, welche die dreiste Rundfunkgebühr als legitim und berechtigt erachten, sind selbst befangen, möglicherweise korrupt, aber auf jeden Fall wie in der ehemaligen DDR und dem NS-Staat politisch hörig.“

Einen Tiefpunkt erreicht die Kommentar-Sektion hiermit:

„Ich bleibe dabei, das die ARD ZDF Deutschlandradio (Öffentlich rechtliche) in meinen Augen eine reine Mafia ist, die für jeden Haushalt eine Abgabe, von 17,50 Euro abverlangt. Früher hätte man so eine Mafia kommentarlos aus diesem Lande abgeschoben. Heute ist die Mafia die zweitgrößte reine Diktatur geworden, die in diesem Lande herrscht, weil Sie immer mehr Abgaben verlangt. Man kann dieses vergleichen mit der Diktatur am 30. Januar 1933 Wo Deutschland ein Reichskanzler hatte. Nach meiner Meinung sollte man die Mafia kommentarlos in einen Zug befördern und dann gemeinsam am Bahnhof das Lied Singen; es fährt ein Zug nach nirgendwo hin.“

Ist das die Art von Diskussion, die sich die GIGA-Redaktion wünscht? Bedenkt man, wie ein GIGA-Autor die Journalist*innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als „Erzieher der Nation“ bezeichnet, die sich fragen sollten, ob sie nicht „mitverantwortlich für Spaltung und Demokratieverdruss“ seien, dürfte die Antwort klar sein.

Über die vergangenen Jahre haben sich viele Artikel über den Rundfunkbeitrag angesammelt.

„„GEZ“-Befreiung 2020: Das sind die Voraussetzungen“

(Quelle)

„Umfrage: Soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk abgeschafft werden?“

(Quelle)

„Rundfunkbeitrag nicht bezahlen: Was passiert?“

(Quelle)

„ARD im Größenwahn? Das soll mit dem Rundfunkbeitrag finanziert werden“

(Quelle)

„“GEZ“-Gebühr könnte steigen: Wenn 8 Milliarden Euro Rundfunkbeitrag nicht genug sind“

(Quelle)

„Rundfunkbeitrag: Die Ex-„GEZ“ holt sich jetzt Daten der Einwohnermeldeämter“

(Quelle)

„Rundfunkbeitrag: Wurden die GEZ-Beitragszahler betrogen?“

(Quelle)

Fragt die GIGA-Redaktion in der Headline, ob die ARD im „Größenwahn“ sei, lassen User-Kommentare im gleichen seriösen Stil nicht lange auf sich warten.

„Die sollen die scheiße abschaffen den mist schaut sich eh keiner an gibt genügend andere Plattformen…. Ich lese überall Beitrag soll weiter steigen wohin denn noch ????? reicht schon das wir für das grundlegende Wasser und Brot Steuern abdrücken….. WEG MIT DEM MIST !!!!!“

„Die Nachrichten und Sendungen sind schon lange nicht mehr unabhängig, neutral und sachlich!“

„Stalking , Erpressung , Nötigung , Illegale Beschaffung von daten , Verstoß gegen das Grundgesetz , Verstoß gegen das Vertragsgesetz . Hab ich da was verpasst ?? Wie können die noch frei rumlaufen .“

„Das ist eine kriminelle Vereinigung! […] Miese Verbrecher!!“

„Alle Jahre wieder das leidige Thema Zwangsfinanzierung der staatlich gesteuerten Medienindustrie.“

„[…] Dieser ganze Apparat ist Lug und Betrug! […]“

Freilich nennt niemand Argumente für derlei Vorwürfe. Die Redaktion löscht die Kommentare nicht, obwohl Journalist*innen als „Verbrecher“ beschimpft werden und ins Gefängnis gehen sollen. Für folgenden Text, vom GIGA-GEZ-Chefkommentator, wurde die Kommentarfunktion vorsichtshalber deaktiviert.

„Im Ernst, ZDF? So dreist werden Android-Nutzer benachteiligt“

(Quelle)

Und wie sieht diese „dreiste“ Benachteiligung aus? Fehlende App-Widgets.


Stichwort 3: Gegenteil-Tag

Tatsächlich schafft es die GIGA-Redaktion, nicht nur von Spaltung oder Demokratieverdruss zu palavern, sondern valide Kritik zu äußern. Als Replik auf seinen Kollegen veröffentlichte ein weiterer GIGA-Redakteur einen Text, der die Vorzüge der öffentlich-rechtlichen Sender hervorheben will.

„Rundfunkbeitrag abschaffen? Hier sind vier Fragen an die Gegner“

(Quelle)

Der GIGA-Redakteur stellt mit vier Fragen ein interessantes Gedankenexperiment auf: Würde etwa Netflix eine Doku-Reihe über die Traditionen kleiner Regionen oder Dörfer finanzieren? Und welcher Sender bietet dir als hörgeschädigter Mensch ein „umfassendes Programm mit Untertiteln“ an? Privatsender bestimmt nicht, so der Tenor.

Er mache zwar „keinen Freudensprung“, wenn alle drei Monate die Rundfunkgebühren vom Konto abgehoben werden, trotzdem sei er „für die Beibehaltung von ARD, ZDF, Arte und Co.“, heißt es weiter. 235 Kommentare sammeln sich unter dem Artikel; und obwohl der Redakteur mehrfach auf Kritik eingeht, dürfen sich die User austoben und weiterhin von „Staatsfernsehen“ reden, das gefälligst „abgeschafft“ werden soll.

Über den Rundfunkbeitrag hat die GIGA-Redaktion eine „Video-Debatte“ veröffentlicht, die angenehm ruhig, sachlich und ohne plumpe „Staatsfunk“-Argumente die Vor- und Nachteile diskutiert. Ob ein monatlicher Rundfunk noch zeitgemäß sei, sei etwa eine „Frage der Generation“, wie ein Redakteur sagt. Die Idee eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks finde er super, sagt ein anderer Redakteur, aber ob man dafür von „jedem einzelnen Haushalt 17,50 eintreiben muss“, da sei er sich nicht ganz so sicher.

Nicht alle beteiligten Redaktionsmitglieder sind mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zufrieden, schaffen es aber, das zu äußern, ohne Journalist*innen vorzuwerfen, sie würden das Land spalten.


Kleines Zwischenspiel

Verwundert, warum ausgerechnet GIGA über den Rundfunkbeitrag berichtet? Tja, das muss nicht sein, denn wenn man erst mal begreift, dass GIGA über fast alles schreibt, ergibt es einen Sinn.

„Thermomix und Alternativen: Die besten Küchenmaschinen mit Kochfunktion 2021“

(Quelle)

„Kartoffeln kochen: Koch-Tipps zu Kochzeit, Salz und der Frage, ob Kartoffeln mit oder ohne Schale gekocht werden“

(Quelle)

„E-Bike günstig versichern: So spart ihr viel Geld bei einer Pedelec-Versicherung“

(Quelle)

„Wasserkocher-Test 2021: Spannend bleibt’s nach dem Siedepunkt“

(Quelle)

„ERGO Reiseversicherung kündigen – so geht’s schnell und einfach“

(Quelle)

Zurück zum Punkt

Und genau das ist der Punkt: ARD, ZDF und Konsorten sollten kritisiert werden. Immer und überall, gerne auch laut und oft. Besteht diese Kritik aber hauptsächlich darin, von einem „Demokratieverdruss“ zu babbeln, an dem unter anderem Journalist*innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunk Schuld seien, bleibt von der Kritik nichts übrig – stattdessen wandeln sich die Texte zu einer einzigen plumpen Unterstellung.

Dabei nennt der GIGA-Redakteur valide Kritikpunkte. Sind die Gehälter von Intendant*innen zu hoch, wenn ein Staatspräsident weniger bekommt? Muss eine Beitragserhöhung ausgerechnet dann sein, wenn eine Pandemie für Jobverlust und Geldnot sorgt? Wie kann es sein, dass ein Gesamtbudget von etwa 9,1 Milliarden Euro nicht für die Finanzierung ausreicht? Ist der „Bergdoktor“ in Wahrheit superpeinlich? Wo sind Serien wie BBCs „Bodyguard“?

All das kann man kritisieren, hinterfragen, abwägen. Nicht zu diskutieren sind allerdings Artikel, die die öffentlich-rechtlichen Sender „mitverantwortlich für Spaltung und Demokratieverdruss“ machen. Das ist keine Kritik, vor allem keine, die sich belegen lässt, nein, das ist schlicht Nonsens, mehr noch: gefährlicher Nonsens, schließlich erreicht GIGA mit derlei Quatsch viele Millionen Menschen.

Viele, viele, viele, viele medienkritische Formate gibt es, die mal mehr, mal weniger hart ins Gericht gehen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. GIGA jedenfalls, das dürfte nun klar sein, gehört nicht dazu.

TLDR: Ein GIGA-Redakteur findet, der öffentlich-rechtliche Rundfunk berichte „im Namen der guten Sache“ zu „einseitig“ über „gesellschaftliche Streitfragen“ und sei „mitverantwortlich für Spaltung und Demokratieverdruss“. Währenddessen sitzen ausschließlich weiße Menschen in einer WDR-Sendung und diskutieren über Rassismus. Kannste dir nicht ausdenken.

3 Kommentare

  1. Hier rächt sich, wenn demokratische Kräfte Themen nicht ansprechen und so die Frustration in der Bevölkerung den Faschisten überlassen. Natürlich geht es nicht um 0,86€ im Monat.

    Es geht darum, dass es seit Jahrzehnten überhaupt keine wirkliche Beteiligung der Beitragszahler:innen gibt, ja nicht mal zu Themen des reinen Entertainments. Es gibt nur eine Scheinbeteiligung, nämlich dass man Quizshows live mitspielen oder das Tor des Monats wählen darf; na großartig. Die Fantasie der Drehbuchautoren erschöpft sich in Krimis. Die Lebenswirklichkeit wird nicht abgebildet, wir scheinen alle ein Volk von Akademiker:innen aus dem Mittelstand zu sein, Milieustudien, Arbeiter- und Migrations-Geschichten sind nicht vorhanden. Wenn doch mal, dann als peinliche Karikatur mit Wohlfühlfaktor. Diese Zustände existieren seit Jahrzehnten und ändern sich nur sehr langsam.

    Dagegen gehen Beitragsmahnungen geschwind und für kleine Einkommen ist es eben doch eine sehr schmerzhafte Belastung, wenn im Monat 55,00€ für das Quartal das Konto verlassen.

    Die Institutionen der 50er-Jahre wie der Fernsehbeirat passten zu jener autoritären Zeit, aber werden den Ansprüchen des 21.Jahrhunderts nicht mehr gerecht. Heute wollen viele Menschen mitentscheiden, z.B. ob 100 Millionen Euro in das System Bundesliga fließen, welches kein Problem hat mit Sklavenhaltern in Katar, Kreml-treuen Oligarchen und dem Chinesischen Regime zusammen zuarbeiten. Da werden Monitor und die Anstalt zu einem moralischen Feigenblatt, welches nicht darüber hinwegtröstet, dass man in einer Demokratie indirekt zum Finanzieren von Diktaturen gezwungen wird. Ebenso wirken die Belehrungen von Plasberg und Co. schal, wenn man weiß, dass er nicht über das Tarifsystem bezahlt wird, sondern seine Sendungen teuer von den Öffentlich Rechtlichen eingekauft werden. Ständig fordern unsolidarische Millionäre die Solidarität von kleinen und mittleren Einkommen ein. Wie Trump inszenieren sie sich als „kleine Leute“, während sie eindeutige Profiteure der bestehenden Ordnung sind. Sie sind in der Themensetzung und den Einladungen nicht neutral, sondern von privaten Interessen beeinflusst. Die Einschaltquote ist wichtiger als die Expertise der Gäste.

    Zu all diesen und mehr Fragen gibt es keinen ehrlichen und offenen Diskurs; und dieser findet, nicht überraschend, kaum im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk statt. Einzig ZAPP thematisiert es ab und zu, aber das ist eine Sendung, die um 23:20 im NDR läuft. Wer bekommt das schon mit?

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  2. Wenn ein Intendant mehr verdient als ein Staatspräsident verdient der Intendant nicht zu viel, sondern der Präsident zu wenig. Diese Form der Kritik ist tatsächlich lächerlich. Welchen Vorwurf sich die Öffentlich-Rechtlichen aber sehr wohl gefallen lassen müssen, ist der der mangelnden Neutralität (wie soviele Medienvertreter unserer Zeit)

    BEISPIEL EINS: —> Wie konnte der Impfstart in Deutschland so misslingen?
    Diese Frage stellen sich Experten, Ministerpräsidenten, Journalisten. Nur Teile des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geben sich größte Mühe, das Versagen der Bundesregierung und EU-Kommission schönzureden – und ernten großen Applaus der Politik!
    Am 1. Januar las Brüssel-Korrespondent Stefan Leifert im ZDF vor, wie die EU auf Kritik „mit zwei Punkten“ antworte. Erstens habe die EU bei der Impfstoff-Bestellung auf möglichst viele Hersteller gesetzt, da nicht klar war, welcher „das Rennen machen“ würde. Zweitens sei „der Flaschenhals“ nicht die niedrige Bestellmenge – sondern, dass „nicht schnell genug produziert wird“.
    Bizarr: Kurz darauf verfasste Leifert zehn Beiträge auf Twitter, in denen er die Argumentation der EU einfach übernahm! „Der Flaschenhals ist nicht die niedrige Bestellmenge, sondern die niedrige Produktionskapazität der Hersteller.“ Man habe auf „mehrere Hersteller“ gesetzt, da nicht klar war, „welche Impfstoffe als Erstes marktreif sind“. Alle Alternativen wären „schlechter“, so Leifert: „Impfnationalismus“, „Kampf um Impfstoff“ …
    Zuspruch öffentlich-rechtlicher Kollegen und Politiker! ARD-Moderatorin Anne Will, bis 17.1. in Winterpause, teilte die Beiträge mit einem begeisterten Applaus-Symbol. Eine weitere ARD-Kollegin: Man solle „bitte froh sein, dass sich Deutschland für den europäischen Weg entschieden hat“.
    Gesundheitsminister Jens Spahn (40, CDU) teilte gleich alle zehn Twitter-Beiträge von Leifert auf seiner eigenen Seite. Und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (59) bejubelte die „Fakten“ des ZDF-Journalisten und tat Kritik am Impf-Start als „nachträgliche Besserwisserei und parteipolitisches Kleinklein“ ab.
    Nur ARD-Moderator Georg Restle (56) widersprach: Wer Kritik als „nachträgliche Besserwisserei“ diffamiere, täusche über Ursachen der Probleme nur hinweg. Forscher: ARD und ZDF hatten “Tunnelblick” während Coronakrise
    Laut einer Studie haben die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender während der Corona-Pandemie gesellschaftlich relevante Themen jenseits von Covid-19 ausgeblendet.
    Die Forscher unterstellen ARD und ZDF, durch die Häufigkeit von Sondersendungen und Inszenierungsstrategien ein permanentes Krisenszenario suggeriert zu haben.
    Journalismus müsse ihrer Meinung nach differenzierter sein und Maßnahmen in der Corona-Pandemie auch grundsätzlich hinterfragen.
    Berlin/Passau. ARD und ZDF haben nach Ansicht von Wissenschaftlern in den ersten Monaten der Corona-Pandemie mit ihren Sendungen einen massenmedialen „Tunnelblick“ erzeugt. „Sondersendungen wurden zum Normalfall und gesellschaftlich relevante Themen jenseits von Covid-19 ausgeblendet: Es war eine Verengung der Welt“, sagte der Medienforscher Dennis Gräf vom Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Hennig hat Gräf mehr als 90 Sendungen von „ARD Extra“ und „ZDF Spezial“ untersucht und sie im Zeitraum von Mitte März bis Mitte Mai analysiert.
    Die Wissenschaftler kamen zum Schluss, dass Journalismus differenzierter sein und Maßnahmen in der Corona-Pandemie auch grundsätzlich hinterfragen müsse. Dies sei in den Beiträgen der Öffentlich-Rechtlichen aber nicht geschehen, resümierten sie.
    Gräf sagte, vielmehr überwiege das Bild: „Individuelles Wohl wird eingeschränkt für das überwiegende Wohl“. Auch die Berichterstattung in Bezug auf die Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen sei problematisch. Hier werde zu wenig differenziert und Menschen die fragten, ob die Maßnahmen noch adäquat seien, würden nicht von Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern.
    Schon die Häufigkeit der Sondersendungen vermittelte den Medienwissenschaftlern zufolge Zuschauern ein permanentes Krisen- und Bedrohungsszenario. Die Inhalte hätten dies noch verstärkt: Fußgängerzonen ohne Fußgänger seien gezeigt worden, leere Geschäfte, begleitet von Spekulationen über eine langanhaltende Krise, die aber noch gar nicht da sei. „Solche Bilder kennen wir aus Endzeiterzählungen und Zombiegeschichten“, sagte Gräf.
    Hennig fügte hinzu, dass Normalbürger „immer aus der Perspektive von Leistung inszeniert“ wurden. „Immer wieder wurde von Helden des Alltags gesprochen, die ihre Berufsrolle ins Extreme übersteigern, Tag und Nacht für die Gesellschaft da sind und sich im übertragenen Sinne aufopfern für ein höheres Wohl.“ Als Beispiele nannte er Pflegekräfte oder DHL-Zusteller sowie die „Glorifizierung“ des Virologen Christian Drosten.
    Homeoffice bei gleichzeitiger Kinderbetreuung sei indes vor allem als problematisch dargestellt worden, weil “der üblichen Produktivität nicht nachgekommen werden” könne. So fokussiere die Kamera etwa den liegen gebliebenen Abwasch. Insgesamt habe die Berichterstattung vor allem Einzelfälle gezeigt und emotionalisiert. Dabei biete doch die Krise eine Gelegenheit, das klassische Bild der Leistungsgesellschaft zu überdenken.
    Hennig erläuterte, die Sondersendungen konstruierten eigenständige Modelle der Welt, vermittelten gewisse Werte und arbeiteten mit Zuspitzungen. Wenn aber Inszenierungsstrategien verwendet würden, „die wir von Hollywood-Blockbustern“ über gefährliche Viren kennen, würden die eigentlich als Dokumentationen gedachten Sendungen fast zum fiktionalen Format.
    Dies war nach Angaben der Forscher bei einem „ZDF Spezial“ zu New Yorks Kampf gegen Corona zu sehen: Anstelle des originalen Hintergrundtons seien Musik und Sirenengeheul eingespielt worden bei schnell geschnittenen Bildern von Krankenhaus und Leichenwagen. Derartige Zuspitzungen seien dazu geeignet, die Grenze zwischen wahr und falsch verschwimmen zu lassen. -RND <—

    Das der Bürger vom politischen Rand, daraus schnell (womöglich die falschen) Schlüsse zieht, ist also hausgemacht. Zumal die ARD/ZDF/DLF in den letzten Jahren auch immer wieder durch Zensur (vor Allem im Online Bereich) negativ auf sich aufmerksam gemacht haben.
    Was man auf gar keinen Fall von der Hand weisen kann, ist der Vorwurf der Marktverzerrung. Muss ja nicht jedem gefallen was der öffentliche Rundfunk so mit den Gebühren produziert. Dann schaut/hört/liest er/sie/es diese eben nicht. Zahlen darf er/sie/es aber trotzdem. Ich zum Beipiel höre weder Radio noch besitze ich einen Fernseher. Und die Online Inhalte der diversen Mediatheken tangieren mich auch eher gegen Null. Trotzdem zahle ich. Gegenbeispiel: zahle ich keine Kabelgebühr (was ich auch nicht tue) kann ich auch kein Kabelfernsehen (sprich Privatsender) empfangen. So einfach, so simpel. Wäre ich blind und taub. Ich müsste zahlen. Das Argument, das ich, in Form meines PC´s und meines Smartphones, ja ein Gerät besitze das theoretisch dazu in der Lage ist die Inhalte von ARD/ZDF/DLF zu nutzen gilt in meinen Augen nicht. Ich zahle ja auch kein Abo für jedes Magazin/Zeitung/Zeitschrift Deutschlands nur weil ich nen Briefkasten hab.

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  3. Finde drollig, dass immer noch das Argument gebracht wird, irgendeine Sendung laufe nur in der Nacht, wer solle das sehen? Dank der Mediatheken kann ja jetzt wirklich jeder die Sendung sehen, die ihn interessiert. Und das mit dem Kabelfernsehen ist auch ein schlechtes Beispiel, denn viele zahlen das über ihre Mietnebenkosten, egal ob sie es nutzen. Aber Schluss, wollen wir diese Seite nicht auch noch mit einer Diskussion vollmüllen, die an dieser Stelle zu nichts führt.

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