Medienkritik

Werbung von/auf/mit Gameswelt: Es ist kompliziert

Über 700.000 Menschen haben sich einst dazu entschieden, einem Spielemagazin zu vertrauen. Sonst hätten sie wohl kaum auf „Gefällt mir“ geklickt, wie im Fall von Gameswelt und über 723.000 Menschen, deren Like wohl auch als Vertrauensbeweis gesehen werden kann. Schließlich bezeichnet sich Gameswelt auf Facebook als „unabhängiges Online-Videospielmagazin“ – unter der Kategorie „Medien- und Nachrichtenunternehmen“.

Doch was passiert, wenn ein „unabhängiges“ Spielemagazin die potenziell hunderttausenden Leserinnen und Leser im Unklaren lässt – zum Beispiel bei dem Thema Werbung? Ein Vertrauensbruch wäre das, ein ziemlich großer sogar.

Und im Fall von Gameswelt – auch nicht überraschend.


Regelmäßig veröffentlicht Gameswelt auf Facebook Werbung, gut sichtbar gekennzeichnet. Am 20. Oktober sah das zum Beispiel so aus:

(Quelle)

Als Werbung ist das Posting gut zu erkennen. Der Hinweis „Bezahlte Werbepartnerschaft“ weist den Beitrag als das aus, was es ist. Folgt man dem Link unter dem Hinweis „Weitere Infos“, kommt man auf ein Advertorial auf Gameswelt.de, das das Video im Posting als Text wiedergibt.

(Quelle)

Im Text ist als Autor „Advertorial“ angegeben. Bereits 2018 wies der Presserat darauf hin, dass die Kennzeichnung „Advertorial“ für Werbung unzureichend ist und empfiehlt stattdessen klarere Begriffe wie „Werbung“ und „Anzeige“. In der Artikelübersicht zu Fallout 76 auf Gameswelt.de wird zudem erst nach einem Klick auf den Text deutlich, dass es sich um Werbung handelt.

(Quelle)

Bei dem ersten Text handelt es sich um Werbung, bei dem zweiten um einen redaktionellen Text. Doch das ist nicht das größte Problem.

Auf Youtube hat Gameswelt über 100.000 Abos und über 40 Millionen Gesamtaufrufe. Dort hat die Redaktion am 20. Oktober folgendes Video hochgeladen:

(Quelle)

Ist es Zufall, dass am gleichen Tag auch das Werbeposting zu Fallout 76 bei Facebook veröffentlicht wurde? Nein, denn es handelt sich um die gleichen Inhalte. Mit einem Unterschied:

Auf Youtube ist das Video nicht als Werbung markiert.

Nirgends. Nicht im Video selbst, nicht in der Videobeschreibung und auch nicht durch den Youtube-eigenen Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“.

Zum Vergleich folgen einige Aussagen aus der Facebook-Werbung, dem Advertorial auf Gameswelt.de und dem Youtube-Video.

Facebook-Werbung:

„Seit dem Start von Fallout 76 im November 2018 hat sich viel getan. Mit kostenlosen Updates wurde das Spiel massiv überarbeitet und erweitert. Mittlerweile ist es kaum noch wiederzuerkennen und umfangreicher denn je.“

(Quelle)

Advertorial:

„Seit nunmehr drei Jahren gibt es Fallout 76, das postapokalyptische Online-Rollenspiel von Bethesda Game Studios. Seit dem Start im November 2018 hat sich viel getan. Mit etlichen kostenlosen Updates wurde das Spiel massiv überarbeitet und erweitert, sodass es mittlerweile kaum noch wiederzuerkennen ist“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Seit nunmehr drei Jahren gibt es Fallout 76, das postapokalyptische Online-Rollenspiel von Bethesda Game Studios. Seit dem Start im November 2018 hat sich viel getan. Mit etlichen kostenlosen Updates wurde das Spiel massiv überarbeitet und erweitert. Mittlerweile ist es kaum noch wiederzuerkennen und umfangreicher denn je.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Das postapokalyptische Apalachia wimmelt nur so von NPCs, Dialogen, Aufgaben und Entscheidungen. Fallout 76 hat alles, was ihr von einem waschechten Rollenspiel erwartet.“

(Quelle)

Advertorial:

„Mittlerweile wimmelt es in Appalachia von NPCs. Dialoge, Aufgaben, Entscheidungen – ihr findet in Fallout 76 alles, was ihr von einem waschechten Rollenspiel und einem Fallout-Spiel erwartet.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

Mittlerweile wimmelt es in Appalachia von NPCs. Dialoge, Aufgaben, Entscheidungen – ihr findet in Fallout 76 alles, was ihr von einem Rollenspiel und einem waschechten Fallout erwartet.

(Quelle)

Advertorial:

„Mit den vielfältigen Geschichten und Abenteuern seid ihr unzählige Stunden beschäftigt, zudem lockt die Spielwelt zur Erkundung. Überall gibt es wertvolle Gegenstände, Waffen, Ausrüstung und Ressourcen zu finden – oder ihr genießt einfach die wunderbaren Endzeitpanoramen.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Mit den vielfältigen Geschichten und Abenteuern seid ihr unzählige Stunden beschäftigt. Zudem könnt ihr Tage mit der Erkundung der Spielwelt verbringen. Überall gibt es wertvolle Gegenstände, Waffen, Ausrüstungen und Ressourcen zu finden – oder ihr genießt einfach die wunderbaren Endzeitpanoramen.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Das Beste ist: Fallout 76 kostet nicht viel – aktuell ist das Spiel sogar im Sale zum reduzierten Preis zu haben. Weitere Zusatzkosten gibt es nicht: Alle Content-Updates mit neuen Inhalten sind komplett kostenlos.“

(Quelle)

Advertorial:

„Das Beste ist: Fallout 76 kostet nicht viel – aktuell ist das Spiel sogar im Sale zum reduzierten Preis zu haben. Weitere Zusatzkosten gibt es nicht: Alle Content-Updates mit neuen Inhalten sind komplett kostenlos, Fallout 1st oder der In-Game-Store Atomic Shop sind rein optional.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Das Beste ist: Fallout 76 kostet nicht viel – aktuell ist das Spiel sogar im Sale zum reduzierten Preis zu haben. Weitere Zusatzkosten gibt es nicht: Alle Content-Updates mit neuen Inhalten sind komplett kostenlos. Der Abo-Service Falout 1st oder der Ingame-Store Atomic Shop sind rein optional.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Lust bekommen? Dann probiert Fallout 76 doch einfach mal in der laufenden Free Play Week unter fallout.bethesda.net kostenlos aus!“

(Quelle)

Advertorial:

„Lust bekommen? Dann probiert Fallout 76 doch einfach mal in der laufenden Free Play Week unter fallout.bethesda.net kostenlos aus!“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Lust bekommen? Dann probiert Fallout 76 doch einfach mal in der laufenden Free Play Week unter fallout.bethesda.net kostenlos aus!“

(Quelle)

Es bleibt nicht bei nur einem Fall.


Zweiter Fall: The Elder Scrolls Online

Am 2. Juni veröffentlichte Gameswelt auf Facebook dieses einmütige Video, markiert als „Bezahlte Werbepartnerschaft“:

(Quelle)

Auf Youtube veröffentlichte Gameswelt am 1. Juni folgendes Video:

(Quelle)

Das Youtube-Video ist etwa drei Minuten länger, übernimmt aber wesentliche Teile aus der Facebook-Werbung. Mit einem großen Unterschied:

Auf Youtube fehlt der Hinweis, dass es sich mutmaßlich um Werbung handelt.

Hier erneut der Vergleich:

Facebook-Werbung:

„Mit Blackwood und dem ganzjährigen Abenteuer Tore von Oblivion bekommt The Elder Scrolls Online seine nächste große Erweiterung und massig Zuwachs an neuen Inhalten, interessanten Spielmechaniken und tonnenweise guten Geschichten.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Mit Blackwood und dem ganzjährigen Abenteuer Tore von Oblivion bekommt The Elder Scrolls Online seine nächste große Erweiterung und massig Zuwachs an neuen Inhalten, interessanten Spielmechaniken und tonnenweise guten Geschichten.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Blackwood spielt 800 Jahre vor den Ereignissen in The Elder Scrolls 4 Oblivion. Im neuen Gebiet Dunkelforst deckt ihr eine Verschwörung von Mehrunes Dagon auf. Der Daedra-Fürst bedroht ganz Tamriel.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Blackwood spielt 800 Jahre vor den Ereignissen in The Elder Scrolls 4 Oblivion. Im neuen Gebiet Dunkelforst deckt ihr eine Verschwörung von Mehrunes Dagon auf. Der Daedra-Fürst bedroht ganz Tamriel.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Neben einer neuen Story und dem riesigen neuen Gebiet erwarten euch weitere spannende Inhalte. Dazu gehören die neue 12-Spieler-Prüfung Felshain, neue Welt-Ereignisse sowie Gewölbe und öffentliche Verliese.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Neben der neuen Story rund um Dunkelforst warten noch weitere Herausforderungen auf euch. Mit Felshain erwartet euch ein neue Prüfung für 12 Spieler. […] Hinzu kommen neue Gewölbe und öffentliche Verliese, die erkundet werden wollen.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Mit dem neuen Gefährten-System erhalten ihr zudem erstmalig tatkräftige Unterstützung im Kampf.“

(Quelle)

Nicht als Werbung markiertes Youtube-Video:

„Das neue Kapitel bietet aber noch mehr. So müsst ihr eure Abenteuer künftig nie mehr alleine erleben, denn ihr bekommt einen Gefährten an eure Seite.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„Einsteiger freuen sich über ein neues Tutorial […]“

(Quelle)

Unmarkiertes Youtube-Video:

„Neueinsteiger können sich auf ein komplett neues Tutorial freuen, das euch die ersten Schritte in The Elder Scrolls Online näher bringt.“

(Quelle)

Facebook-Werbung:

„The Elder Scrolls Online Blackwood ist ab dem 1. Juni für PC und Stadia, sowie ab dem 8. Juni für PS4 und Xbox One verfügbar. Besitzer von PS5 und Xbox Series X und S erhalten zudem mit Console Enhanced ein kostenloses Upgrade für die neuen Konsolen.“

(Quelle)

Unmarkiertes Youtube-Video:

„The Elder Scrolls Online Blackwood ist ab dem 1. Juni für PC und Stadia, sowie ab dem 8. Juni für PlayStation 4 und Xbox One verfügbar. Und auch von Besitzer von PlayStation 5 und Xbox Series X und S gibt es Grund für Freude: Zusammen mit der Konsolenversion kommt ihr nämlich in den Genuss von Console Enhanced, womit Elder Scrolls Online auf den neuen Konsolen nativ ausgeführt werden kann. […] Alle neuen Spieler von Elder Scrolls Online erhalten sofort mit dem Kauf Zugriff auf Console Enhanced, bestehende Spieler erhalten die Version als kostenloses Upgrade.“

(Quelle)

Dritter Fall: Eve Online

Zum Spiel Eve Online veröffentlichte Gameswelt eine „bezahlte Partnerschaft“, die ein 5-minütiges Tutorial enthält.

(Quelle)

Auf Youtube lässt sich das Video ebenfalls finden. Ohne Anzeigenmarkierung.

(Quelle)

Und es geht sogar noch kurioser, denn das Video ist auch auf der Homepage von Gameswelt.de zu finden – als Textform. Ohne Anzeigenmarkierung.

(Quelle)

Als Autor wird Frank Fischer angegeben, der im Kommentarbereich unter dem Artikel als „Urgestein der Branche“ vorgestellt wird.

Es bleiben viele Fragen. Wieso wird das Video auf Facebook im Rahmen einer „bezahlten Partnerschaft“ veröffentlicht, bei Youtube und Gameswelt.de aber als redaktionelle Artikel ausgewiesen? Handelt es sich nun um Werbung oder nicht?

Auf Youtube hat Gameswelt zudem mehrere Lets Plays zu Eve Online veröffentlicht, nur wenige Tage nach dem vielleicht, vielleicht auch nicht bezahlten Tutorial-Video. Es handelt sich um vier Videos. Am Anfang der ersten drei ist der Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“ zu sehen. Im vierten Video allerdings nicht. Alle vier Lets Plays sind auch auf der Seite von Gameswelt zu finden.

Dort enthält keines eine Anzeigenmarkierung.


Und noch ein merkwürdiges Beispiel: ein Posting zu Disintegration.

(Quelle)

Ob es sich um Werbung handelt, wird hier nicht deutlich. Es fehlt zwar der Hinweis „Bezahlte Werbepartnerschaft“ von Facebook selbst, doch Gameswelt fügte in die Beschreibung den Zusatz „In Partnerschaft mit Private Division“ ein, dem Hersteller von Disintegration. Was beinhaltet die Partnerschaft? Exklusiven Zugang zum Spiel? Videomaterial? Oder doch Geld im Rahmen einer Zusammenarbeit?

Auch auf Youtube hat Gameswelt das Video veröffentlicht. Ohne Anzeigenmarkierung. Stattdessen heißt es am Ende:

„Text: Gameswelt Redaktion“

Wozu braucht es für redaktionelle Berichterstattung eine bei Facebook ausgewiesene Partnerschaft mit dem Hersteller des Spiels? Transparenz möchte Gameswelt hier offensichtlich nicht schaffen.


Je tiefer man gräbt, desto mehr Beispiele finden sich. Etwa folgende „Bezahlte Werbepartnerschaft“:

(Quelle)

Wo ist das Video ebenfalls zu sehen? Bei Youtube. Auch dort hat Gameswelt es hochgeladen. Ohne Anzeigenmarkierung. Und oh, es gibt noch einen Unterschied: Auf Youtube ist das Video etwa 20 Sekunden länger. Warum? Weil bei der bezahlten Version auf Facebook folgender Abschnitt fehlt:

(Quelle)

Auf Youtube heißt es nämlich, der Portalleiter Andreas Philipp habe den Text für das Video geschrieben. Warum fehlt der Hinweis bei Facebook?

Wer wohl den redaktionellen Testbericht zu The Outer Worlds geschrieben hat … ah, klar, es war Andreas Philipp, der ebenfalls den Text für ein Video geschrieben hat, das im Rahmen einer „bezahlten Werbepartnerschaft“ auf Facebook hochgeladen wurde.


Ein ähnliches Vorgehen lässt sich bei einer „bezahlten Partnerschaft“ mit Activision Blizzard zu Modern Warfare beobachten.

(Quelle)

Auf Facebook ist das Video als Werbung erkennbar. Und bei Youtube, wo Gameswelt es ebenfalls veröffentlicht hat? Nein, es fehlt eine Anzeigenmarkierung. Am Ende des Videos wird der damalige Redakteur Christian Kurowski genannt, der mittlerweile nicht mehr bei Gameswelt arbeitet. Jener Abschnitt fehlt in der Facebook-Werbung, wie im Fall von The Outer Worlds.

Christian Kurowski war ebenfalls Tester des Spiels und veröffentlichte den Testbericht auf Gameswelt.de, davor hat er mehrere redaktionelle Previews und Videos veröffentlicht.

Über ein dutzend Postings lassen sich bei Facebook finden, die Gameswelt unter dem Zusatz „Bezahlte Werbepartnerschaft“ zusammen mit Activision Blizzard veröffentlicht hat, viele davon vertont von Call-of-Duty-Tester Christian Kurowski. Die 13-minütige „Video-History“ von Kurowski, die bei Facebook als „bezahlte Werbepartnerschaft“ veröffentlicht wurde, ist ebenfalls bei Youtube zu sehen – ohne Anzeigenmarkierung.


Gameswelt weiß es besser

In mehreren Fällen hat die Gameswelt-Redaktion ebenfalls ähnliche Inhalte gleichzeitig sowohl auf Facebook als auch bei Youtube veröffentlicht – und diesmal entsprechend als Werbung markiert. Gameswelt weiß also eigentlich, wie es richtig geht. Die Vorgehensweise bleibt ähnlich: Ein einminütiges Video auf Facebook mit dem Hinweis „Bezahlte Werbepartnerschaft“ wird veröffentlicht, zu einem ähnlichen Zeitpunkt geht ein Youtube-Video online, das nahezu inhaltsgleich ist, nur eben zwei bis drei Minuten länger.

Das lässt sich etwa hier: Facebook-Posting und hier: Youtube-Video beobachten. Diesmal ist das Youtube-Video jedoch als Werbung markiert. Sobald das Video startet, blendet Youtube den Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“ ein. Wer oder was die Werbung bezahlt hat, wird jedoch nicht deutlich.

Rein rechtlich könnte es ausreichend sein, diese Art der Anzeigenmarkierung zu nutzen, doch selbst das bleibt fraglich, da ähnliche Werbeformate bei der Konkurrenz – etwa bei der GameStar – durchgehend im Video als Werbung markiert werden. Zumal der Hinweis von Youtube nur rund 10 Sekunden eingeblendet wird und in einem transparenten Design gehalten ist, sodass Zuschauerinnen und Zuschauern ihn leicht übersehen können.

Immerhin ist das bei Youtube nur kurz gekennzeichnete Video auf Gameswelt.de mit dauerhaftem Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“ zu finden – dass es sich überhaupt um Werbung handelt, wird aber erst nach dem Klick auf’s Video deutlich.


Vermischung von Werbung und Redaktion

Abseits davon hat Gameswelt ein Problem mit Werbung und der Vermischung mit redaktionellen Inhalten. Nicht nur gibt es ziemlich viel Werbung zumindest auf Facebook, auch die Beteiligung von Redaktionsmitgliedern kann leicht verwirren.

Im Rahmen einer „bezahlten Werbepartnerschaft“ auf Facebook sitzt zum Beispiel Felix Rick in einem fast 12-minütigem Video und spielt Gelly Break Deluxe. Felix Rick kann als das Aushängeschild von Gameswelt gesehen werden, als ehemaliger GIGA-Redakteur ist er vielen Spielerinnen und Spielern seit Jahren bekannt. Auf der Teamseite von Gameswelt ist er unter dem Punkt „Redaktion“ als „Creative Director“ angegeben.

In dem Video sitzt aber noch jemand anderes: Pirmin Schwiertz, derzeit laut Teamseite Volontär. Ein Redakteur in Ausbildung sitzt also mit einem als „Creative Director“ betitelten Redaktionsmitglied in einem Video, das laut Werbemarkierung von dem Studio hinter Gelly Break Deluxe bezahlt wurde.

Für Gameswelt scheint es kein Problem zu sein, journalistisch-redaktionell berichtende Redakteure (in Ausbildung) gegen eine Geldsumme Spiele zocken zu lassen.


Der gleiche Volontär – again: ein Video-Redakteur in Ausbildung – ist in mindestens zwei weiteren Werbeanzeigen zu sehen. Die ebenfalls als „bezahlte Werbepartnerschaft“ betitelten Videos zeigen den Volontär, wie er für den Grafikkartenhersteller GeForce und den PC-Hersteller Zotac deren Produkte anpreist, ausprobiert und lobt.

Auf Youtube hat der Volontär unter der Flagge von Gameswelt ein eigenes Format: „Mein erstes Mal“. In diesen Videos sitzt er als Person erkennbar vor der Kamera und spielt diverse Spiele. Auch für andere redaktionelle Videos ist er verantwortlich.

Den Zuschauerinnen und Zuschauern von Gameswelt ist er also bekannt. Die Redaktion kennzeichnet die Werbung zwar, provoziert aber eine Irreführung der Zuschauer*innen, die die Personen aus der Werbung schließlich aus redaktionellen, unabhängig entstandenen Inhalten kennen. Das führt zu einer Vermischung von Redaktion und Werbung.


Ebenfalls im Rahmen einer „bezahlten Werbepartnerschaft“ hat Gameswelt auf Facebook und auf Gameswelt.de den sogenannten „Talk Royale“ veröffentlicht, eine offenbar bezahlte Show, die nur ein Thema hat: PUBG.

(Quelle)

Im Video sitzen erneut zwei Mitglieder der Redaktion: Felix Rick als „Host“ der Show und der als „PUBG-Spezialist“ vorgestellte Redakteur Patrick Thielmann. Auf Gameswelt.de ist das Video durchgehend mit „Enthält bezahlte Werbung“ versehen; offenbar für niemanden aus der Redaktion ein Grund, niemanden aus der Redaktion dort auftauchen zu lassen.

Die Grenzen von redaktionellen Inhalten und Werbung verschwimmen somit zunehmend.


Sowohl auf Youtube als auch auf Gameswelt.de veröffentlichte die Redaktion das Format „Destiny.TV“, eine Sendung über Destiny 2 und die Erweiterung Jenseits des Lichts. Im Video, das bei Youtube den Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“ enthält und auf Gameswelt.de mit „Dieses Video entählt bezahlte Werbung.“ beschrieben ist (ja, exakt so), sitzen zwei Personen: Andreas Philipp, laut Teamseite „Portalleiter“, und Sascha Göddenhoff, laut Teamseite „Redakteur“. Die Show ist dabei Teil einer umfangreichen Werbekampagne, die Gameswelt offenbar in Kooperation mit Bungie durchgeführt hat.

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Fünf Gründe, warum man zu Destiny 2 zurückkehren sollte | SPECIAL“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Was ist Stasis? Der neue Fokus und seine Subklassen“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Die Rückkehr des Kosmodrom | SPECIAL“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Die Editionen im Überblick | SPECIAL“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Story-Überblick: Das passiert in Jenseits des Lichts | SPECIAL“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Der neue Jupiter-Mond Europa | SPECIAL“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Was passiert nach dem Launch? | SPECIAL“

(Quelle)

„Destiny 2: Jenseits des Lichts – Die neuen Exotics: Waffen und Ausrüstung | SPECIAL“

(Quelle)

Ausnahmslos alle acht Videos sind mit dem Youtube-Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“ markiert. Gekrönt wird die Kampagne mit einer „Zocksession“.

„DESTINY 2 – Jenseits des Lichts – Live Zocksession mit Andi & Sascha“

(Quelle)

Dort spielen ein „Portalleiter“ und ein „Redakteur“ im Rahmen einer bezahlten Werbung das Spiel Destiny 2, passend zu „Destiny.TV“ und den acht anderen Werbevideos.

Kleine Quizfrage: Wer hat denn den redaktionellen Testbericht zu Destiny 2: Jenseits des Lichts geschrieben?

Na klar, der „Portalleiter“ Andreas Philipp, der fünf Tage vor dem Test im Rahmen einer bezahlten „Zocksession“ das Spiel live auf Youtube spielt und drei Tage nach dem Test in einer „Destiny.TV“ genannten Werbesendung sitzt.


Das Vorgehen von Gameswelt bei der Kennzeichnung von Werbung bleibt abstrus. Schließlich haben Formate wie „Special“ oder „Zocksession“ bei Leserinnen und Lesern von Gameswelt nicht nur eine werbliche Bedeutung, im Gegenteil: Immer wieder nutzt das Magazin diese Begriffe für redaktionelle Berichterstattung, zum Beispiel hier, hier, hier und hier.

Dabei ist oft nicht klar, wie die „bezahlten Werbepartnerschaften“ eigentlich funktionieren. Haben die Hersteller tatsächlich für die Erstellung der Inhalte bezahlt? Falls ja, warum stammen diese Videos teilweise von offiziellen Redaktionsmitgliedern, die gleichzeitig redaktionell über das Spiel berichten? Oder bedeutet „bezahlte Werbepartnerschaft“ nur, dass das Facebook-Posting bezahlt wurde, nicht aber die Inhalte selbst?

Nach einer aktuellen Beschwerde hat sich nicht Gameswelt, aber ein Publisher geäußert: Bethesda. In einem Tweet schrieb das Unternehmen:

„Hier ist leider ein Fehler passiert, da ein Häkchen nicht richtig gesetzt wurde. Generell achten wir natürlich immer darauf, dass unsere Partner Dinge richtig kennzeichnen. Mittlerweile sollte alles behoben sein.“

(Quelle)

Tatsächlich ist im besagten Video nun nicht nur der Youtube-Hinweis „Enthält bezahlte Werbung“ zu sehen, auch in der Videobeschreibung prangt das Wort „Anzeige“, so wie im Facebook-Posting, das in der Beschwerde erwähnt wurde.

Wer ein bisschen länger darüber nachdenkt, muss sich zwangsläufig fragen: Woher weiß eigentlich Bethesda, dass ein „Häkchen nicht richtig gesetzt“ wurde, obwohl doch das Magazin Gameswelt das Video im Gameswelt genannten Youtube-Channel veröffentlicht hat? Stand Bethesda in Kontakt mit der Gameswelt-Redaktion?

Ein bisschen absurd mutet es an, dass ausgerechnet ein Publisher die Werbeinhalte eines „unabhängigen“ Spielemagazins öffentlich richtig stellen muss, ohne eine Reaktion von Gameswelt.


Bereits 2019 habe ich in einer Recherche aufgezeigt, wie Facebook-Postings von Gameswelt zum Teil ähnliche Bilder, Videos und Texte nutzte, die andere Magazine für Werbung verwendeten, während Gameswelt ohne Anzeigenmarkierung arbeitete.

Dass ausgerechnet Gameswelt nun mutmaßlich Werbung veröffentlicht, die auf Facebook, nicht aber auf Youtube als Werbung ausgewiesen wird, ist somit nicht überraschend. Die Mitwirkung von Redaktionsmitgliedern in bezahlten Partnerschaften lässt sich zum Beispiel auch bei GameStar oder PC Games beobachten, sorgt bei Gameswelt allerdings für weiteres Befremden, da die Anzahl der Anzeigenmarkierungen zum Teil massiv schwankt und nicht deutlich wird, wer wo wie beteiligt ist oder eben nicht.

Offensichtlich hat die Spielepresse ein großes Problem mit Werbung. Wer hätte das gedacht?

 

3 Kommentare

  1. Das Gebell hat ein Ende gefunden, die Seite ist wohl tot. Die angekündigte Medienkritik habe ich hier leider nicht gefunden, vielmehr eine bis ins Persönliche reichende Abneigung gegen den Reichweitenjournalismus per se und eine die Grenzen der Seriosität sprengende weil manipulierende Faktenauslese, um übersteigerte Thesen unterzujubeln.

    Im Ganzen hat der Autor seinem Anliegen geschadet, das in einer weniger giftigen und agitatorischen Aufbereitung ja durchaus öffentliches Interessse verdiente.

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  2. Wahnsinn, dies ist eine der ausführlichsten und sorgfältigsten Recherchen im Bereich Medienjournalismus im Kontext von Videospielen, die ich je gesehen habe.

    Es gibt wahrlich wichtigere Dinge im Leben als die Frage, ob eine Videospiele-Webseite ihre Werbebeiträge ausreichend deutlich kennzeichnet und ggf. sogar korrumpierbar ist, wahrlich, aber die *Ausführung* hier ist wirklich erstklassig. Kudos! 👏

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